Wagner–Prozeß: Lebenslange Haft

■ Düsseldorfer Oberlandesgericht verhängt im Revisionsprozeß gegen Rolf Klemens Wagner lebenslange Haftstrafe / Gericht sieht Straftaten im Zusammenhang mit Schleyer–Entführung als erwiesen an

Von Corinna Kawaters

Düsseldorf (taz) - Mit dem Urteil „lebenslänglich“ ging am Montag der Wiederholungsprozeß gegen Rolf Klemens Wagner zu Ende. Nach 30 Verhandlungstagen, an denen die Aussagen von 73 Zeugen und Gutachtern gehört wurden, befand der 4. Strafsenat, daß sich Rolf Klemens Wagner an den Straftaten im Zusammenhang mit der Entführung und Ermordung des Arbeitgeberpräsidenten Hans Martin Schleyer mitschuldig gemacht habe. Nach Ansicht des Gerichts waren Wagners „bedeutsame Tatbeiträge“ der Kauf von Flugtickets für den Sohn von Schleyer, die Versendung von Erpresserbriefen und Telefongespräche mit den Angehörigen während der „Offensive 77“ der RAF. Ausgangspunkt für diese Überlegungen war für das Gericht Wagners Mitgliedschaft in der RAF, zu der „er sich mehrfach ausdrücklich bekannt hat“, wie der vorsitzende Richter Wagner hervorhob. Jedoch durfte der § 129a (Mitgliedschaft in einer Kriminellen Vereinigung) nicht angewandt werden. Der Angeklagte, der in der Schweiz eine lebenslängliche Haftstrafe wegen eines Bankraubs verbüßt, war von den Schweizer Behörden nur unter der Maßgabe zur Verhandlung in die BRD überführt worden, daß die RAF–Mitgliedschaft nicht erneut zum Prozeßgegenstand gemacht würde. Doch ohne dies konnte das Düsseldorfer Oberlandesgericht keinen Schuldspruch fällen: allzu unsicher waren die Zeugen, die Wagner und seine Stimme entweder gar nicht, oder nur „wahrscheinlich“ oder „möglicherweise“ wiedererkannten. Eine ganze Gruppe von Zeugen erkannte in der Stimme des Gesprächspartners der Familie Schleyer sogar jemand ganz anderen wieder, nämlich Ralf Baptist Friedrich, einen ehemaligen Büroangestellten der Rechtsanwaltskanzlei Klaus Croissant. Doch das Gericht setzte sich über alle Zweifel an der Identität des Anrufers hinweg und rechnete dessen immer wieder betonte Höflichkeit Rolf Klemens Wagner zu. So mußten die wenigen Sätze, die er während des Prozesses äußerte und die alle seinen Ausschluß vom Verfahren betrafen, zur Identifikation dienen. Der Senatsvorsitzende erkannte darin „die unbeirrbare Entschlossenheit eines gebildeten Menschen, der sich um die Einhaltung der Höflichkeitsformen bemüht“. Sogar die Einlage, die Wagner am Tag der Urteilsverkündung bot, als er den Vorsitzenden als „Dreckiges Faschistenschwein, Dreckskerl“ beschimpfte, empfand der so Beleidigte, als „Schimpfworte ohne echte Emotion, vom Zweck bestimmt, den Ausschluß zu erreichen“. „Echte Emotionen“ zeigte dagegen Richter Wagner selbst, als er von den „pseudo–politischen Motiven der RAF“, deren „Haß gegen den Staat und seine Organe“ und den „zutiefst verabscheuungswürdigen Taten“ sprach.