Gerichtsverfahren dient Neonazis als Forum für rechte Sprüche

■ „Zuhörerkarten“ für Presse und Besucher, unkontrollierter Zugang für Rechtsradikale

Speyer (taz) - Genaue Einlaßkontrollen für Besucher und Pressevertreter sorgten gestern für Verzögerungen beim Prozeß gegen die Neonazis Jürgen Knopf aus Rauenberg und Curt Müller aus Mainz vor dem Schöffengericht in Speyer. Ihnen wirft die Staatsanwaltschaft vor, während einer Versammlung der rechtsradikalen Hilfsgemeinschaft für nationale politische Gefangene (HNG) in Speyer am 25.2.84 Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen verwendet zu haben. Der arbeitslose Fahrer Knopf ist darüber hinaus wegen Nötigung und Bedrohung der Zeugen in diesem Prozeß angeklagt. Mehr als 100 Besucher waren zu dem Verfahren erschienen, um vor allem die vier Belastungszeugen zu schützen (s.taz von gestern). Bereits vor dem Gerichtsgebäude, das von Polizeikräften gesichert war, kam es zu einer Keilerei zwischen Neonazis und antifaschistischen Demonstranten. Die extra für den Prozeß gedruckten „Zuhörerkarten“ mit dem Hinweis „Besucher werden auf Waffen und gefährliche Gegenstände durchsucht“ waren frühzeitig vergriffen. Zuhörerkarten und Kontrollen galten offenbar nicht für die rechtsradikalen Gesinnungsfreunde der Angeklagten. Sie gelangten über einen Seiteneingang in das Gerichtsge bäude und bedrohten erneut einige Prozeßbesucher. Als die Zeugin Edeltraud Schweikert–Schneider dies beim Vorsitzenden Richter Günter Rampf monierte, erhielt sie zur Antwort: „Ich habe nichts bemerkt“. Erst als sich ein Neonazi, der durch seine aggressive Haltung wiederholt aufgefallen war, bei der Verlesung der langen Vorstrafenliste des angeklagten Gärtnermeisters Kurt Müller lautstark mit „Besatzerhandlanger“ und „Einmal sitzen wir oben, das kann ich euch prophezeihen. Nationaler Widerstand auf alle Ewigkeit“ zu Wort meldete, bemerkte Rampf doch etwas. Er verwies den einen stilisierten Hitlergruß zeigenden Neonazi des Saales. Für die Angeklagten, deren Freunde und Anwalt Rieger gab es ohnehin einen Sonderservice. Sie wurden in der Prozeßpause von der Polizei in das von ihnen gewünschte Lokal gefahren. In der Verhandlung bestritten die Angeklagten alle gegen sie erhobenen Vorwürfe. Den ihnen vorgeworfenen Hitlergruß würden sie schon deshalb nicht zeigen, weil „das verboten ist“. Knopf räumte zwar ein, den Belastungszeugen Postkarten und Briefe geschrieben zu haben (“Ich werde Eure Aussagen gegen mich auf gar keinen Fall verzeihen oder vergessen“), aber bedrohen wollte er niemanden. Max Holz