Wahlkampf im Bundestag

■ NUKEM und ALKEM im Mittelpunkt der Debatte um die Regierungserklärung / Hessische Landtags–Spitzen– kandidaten Wallmann (CDU) und Krollmann (SPD) trafen aufeinander / Sozialpolitik von Blüm verteidigt

Aus Bonn Oliver Tolmein

Die Abstimmung über einen kleinen Stoß Entschließungsanträge beendete gestern nachmittag die Debatte über den umweltpolitischen Teil der Regierungserklärung, die sich vor allem um die bundesdeutsche Atompolitik und den Betrieb von NUKEM/ALKEM in Hessen drehte. Daß die unruhige und ohne Höhepunkte geführte Debatte im Zeichen des Hessen–Wahlkampfes stand, zeigte schon die Rednerauswahl. Für die SPD trat der hessische Spitzenkandidat Krollmann gegen Bundesumweltminister Wallmann (CDU) an. Krollmann kritisierte die Weisung des Bundesumweltministers, dem Nuklearbetrieb ALKEM eine erste Betriebsgenehmigung zu erteilen: Die SPD werde nicht dafür stehen, daß in Hanau mit größeren Mengen Plutonium hantiert werden dürfe. Krollmann kündigte aber auch an, die Möglichkeit der direkten Endlagerung von Atommüll prüfen zu lassen. Wallmann warf der hessischen Landesregierung „glatten Verfassungsbruch“ vor. Bärbel Rust, Vorstandssprecherin der Grünen, forderte in ihrem Redebeitrag die sofortige Schließung der Firma ALKEM. Der Antrag der Grünen, der vor allem die Stillegung von ALKEM verlangte, wurde bei wenigen Ja– Stimmen und zahlreichen Enthal tungen aus der SPD–Fraktion mit den Stimmen der Koalition abgelehnt. Der SPD–Entschließungsantrag wandte sich u.a. gegen die „großtechnische Plutoniumverarbeitung“ und wurde ebenfalls abgelehnt. Angenommen wurde der Entschließungsantrag der CDU/CSU/FDP–Fraktionen, der u.a. die hessische Landesregierung auffordert, „unverzüglich die Genehmigung für die Firma ALKEM GmbH zu erteilen“. Am späten Nachmittag ging es schwerpunktmäßig um die Arbeits– und Sozialpolitik der Bundesregierung, die von Bundesminister Norbert Blüm bei Redaktionsschluß noch verteidigt und von der grünen Abgeordneten Trude Unruh von den „Grauen Panthern“ scharf kritisiert wurde: Die Rentenpolitik der Regierung habe zu Massenarmut bei den Alten geführt. Der Höhepunkt, den Thomas Ebermanns von zahlreichen Zwischenrufen unterbrochene Rede am Mittwoch abend gebildet hatte, wurde am Donnerstag immer wieder unterboten. Ebermann hatte sich einen Ordnungsruf eingehandelt, weil er offen zum Volkszählungsboykott aufgerufen hatte. Er hatte außerdem festgestellt, daß die Regierungsrede mit der bundesdeutschen Realität weniger zu tun habe als der Heimatfilm „Sissi“ mit dem Alltag in der österreichischen Monarchie. Siehe Querspalte S. 4