Seiteneinsteigerin

■ Die neue Pressesprecherin des SPD–Vorstands

Der Unmut über die Wahl der neuen SPD–Vorstandssprecherin speist sich aus vielen Quellen. Düpierte SPD–Frauen kritisieren, daß Willy Brandt eine Seiteneinsteigerin auf einen der exponiertesten Posten hievt, während sie sich mühsam hochgekämpft und dafür manches eingesteckt haben. Statt die Konsequenz zu ziehen, in Zukunft den SPD–Herren frecher, fordernder auf den Pelz zu rücken und sich nicht mehr so schnell der Parteiraison unterzuordnen, antworten sie mit Neid und beteiligen sich an der Demontage der neuen Pressesprecherin. Die SPD–Rechten zielen direkt auf Willy Brandt. Sie fühlen sich übergangen und müssen zusehen, wie sich der Kurs ihrer Partei zunehmend ihrem Einfluß entzieht, wie Brandt ihn mit seinem auserkorenen Nachfolger Lafontaine in eine Richtung dreht, die ihnen nicht paßt. Führungsschwäche werfen sie Brandt vor: An diesem Punkt ein unsinniger Vorwurf, hat der große Vorsitzende die Partei doch selten so schroff und rücksichtslos geführt wie jetzt. Gezielt organisiert er seinen Abgang, inszeniert offenbar einen „kulturellen Bruch“ und holt dafür nicht nur den Enkel Lafontaine, sondern auch eine (künftige) Urenkelin nach Bonn. Ob Mathiopoulos diesen Anspruch tatsächlich erfüllt, muß sich erst erweisen. Ärgerlich und peinlich ist der undergründige Rassismus und die Frauenfeindlichkeit, die nicht nur in der Boulevardpresse, sondern auch in der europäisch–international orientierten SPD hochkochen. Frau und Griechin zu sein, das ist wohl zuviel. Dabei hat sie mit 31 Jahren einen Werdegang aufzuweisen, der manchen Mann auf hohem Bonner Posten vor Neid erblassen lassen müßte. Ursel Sieber