Wahlkampftaktik beeinflußt Starttermin für US–Raumfähre

■ Republikaner befürchten nach einer Meldung der New York Times Wahlschlappe durch eventuelle Shuttle–Schwierigkeiten / NASA–Historiker befürwortet „kühne Tat“

Berlin (wps/taz) - Der Start der nächsten US–Raumfähre, ursprünglich auf den 18. Februar 1988 angesetzt, aber wegen technischer Probleme zunächst auf Juli 1988 verschoben, soll aus wahltaktischen Gründen auf die Zeit nach den US–Präsidentschaftswahlen im November 1988 verlegt werden. Wie die US–Tageszeitung New York Times am Montag meldete, befürchten Experten, daß eine solche Entscheidung der Reagan–Regierung für eine faktische Verschiebung auf 1989 das entgültige Aus für das Shuttle–Programm bedeuten könnte. Das ehrgeizige, nationale Prestigeprojekt hatte durch die Explosion der Challenger–Raum fähre im Januar 1986 einen großen Rückschlag erlitten. Das Unglück, bei dem die siebenköpfige Besatzung ums Leben kam, erschütterte die Technikgläubigkeit der US–Amerikaner. Aus Angst, eventuelle Schwierigkeiten bei dem für Frühjahr nächsten Jahres geplanten ersten Start einer Raumfähre nach dem Unglück könnten zu einer Wiederbelebung des frisch vernarbten nationalen Traumas führen, setzen die Wahlkampfstrategen der Republikanischen Partei die US–Weltraumbehörde NASA unter Druck, den Start zu verschieben. Schwierigkeiten beim Start, so fürchten sie, könnten die Wahlchancen ihrer Partei zunichte machen. Der frühere Apollo–Astronaut und Reagan–Berater Harrison Schmitt hält eine Verzögerung für unvermeidbar, da der jetzige Starttermin im Juli nächsten Jahres mit dem Parteitag zusammenfiele, an dem der Präsidentschaftskandidat gekürt wird. Der frühere NASA–Historiker Alex Roland ist dagegen der Ansicht, daß der seit der Iran–Contra– Affäre angeschlagene Ruf der Partei durch eine „kühne Tat“ wie den Start wieder aufgewertet werden könnte. Er warnt jedoch davor, den Start aus politischem Kalkül gegen technische Bedenken durchzusetzen. Anlaß für die hitzige Debatte ist die Verschiebung des Starts von Februar auf Juli. Schwierigkeiten im Bereich der Halterungselemente zwischen dem Raumschiff und den Antriebsraketen und verstärkte Sicherheitsvorkehrungen verlangsamen den Vorbereitungsprozeß. Untersuchungsausschüsse des Kongresses unterziehen die NASA seit dem Unglück genauen Überprüfungen. Einige Experten befürchten bereits, daß der Mangel an Autonomie den riesigen NASA–Apparat funktionsunfähig macht. Doch der eigentliche Grund für die großen Probleme der NASA ist der enorme politische Druck. Deshalb, so der NASA–Experte und Buchautor Joseph Trento, der den Werdegang des US–Weltraumabenteuers von Apollo bis zur Challenger–Katastrophe analysiert hat, ist NASA am Ende. mf