Geburtenraten, Konfession, Menschenkontingente, Krieg

■ "Über die Notwendigkeit und Bedeutung einer Volks–, Berufs– und Betriebszählung" / Ein Planungspapier des Statistischen Reichsamtes zur Volkszählung von 1939 verdeutlicht, zu welch

Je stärker der Staat, desto stärker seine Begierde nach Zahlen. Im „Dritten Reich“ nahm die deutsche Statistik einen beispiellosen Aufschwung. Das Statistische Reichsamt verdoppelte von 1933 bis 1939 sein Personal auf 5.000 Beamte und Angestellte, beschleunigte durch immer modernere Zähl– und Sortiermaschinen die immer schnellere Verarbeitung von immer mehr statistischem Urmaterial. Die Statistischen Ämter in den großen Städten, den Ländern und Provinzen wurden systematisch ausgebaut und in jedem besetzten Land das Statistische Amt übernommen oder neu errichtet. 1943 beschäftigte das Statistische Amt des Generalgouvernements 800 Mitarbeiter und Heinrich Himmler hatte einen eigenen Inspekteur für Statistik. Es sei die Pflicht eines jeden Volksgenossen, hieß es zur Volkszählung 1939, „die Fragebogen peinlichst genau auszufüllen und sich dessen bewußt zu sein, daß er dem Führer und seinen Mitarbeitern die Unterlagen für die Gesetzgebung der nächsten fünf bis zehn Jahre gibt“. Bei all dem wurde zwar die Statistik auch und in verhängnisvoller Weise mißbraucht, d.h. das „Statistikgeheimnis“ wurde zur Erfassung der Juden und zur Erfassung von Zwangsarbeitern regelmäßig gebrochen. In erster Linie aber wurden die Zahlenkolonnen durchaus zweckentsprechend im Sinne auch der heutigen Statistik verwendet: anonym und als statistisches Basiswissen für staatliche Planung. Das folgende hier in Auszügen dokumentierte Planungspapier des Statistischen Reichsamtes wurde 1936 zur Begründung einer auf 1939 vorgezogenen Volkszählung geschrieben. Die Fragen dieser Volkszählung waren dabei jede für sich genommen genauso unverfänglich wie die des Fragebogens, der in millionenfacher Auflage parat liegt zum Einsatz für die Volkszählung 1987: Name, Alter, Familiengröße, Beruf usw. Das Planungspapier des Reichsamtes zeigt jedoch, welche Möglichkeiten auch der ganz normale zweckmäßige Gebrauch (nicht der Mißbrauch) eröffnet und fördert: Die Zahlen aus der Volkszählung wurden verwendet zur Steuerung der Geburtenpolitik, zur Berechnung „unproduktiver“ Menschenmassen, zur Kalkulation der Kriegskapazitäten und zur Kontrolle z.B. darüber, wieviele Jugendliche man bisher schon in der Hitlerjugend organisiert hatte. Diese Zwecke wurden von den Statistikern 1936 auch ganz explizit als Begründung für die einzelnen Fragen benannt. Das Papier stammt nicht aus dem Archiv der deutschen Statistischen Ämter, die allesamt behaupten, keine Unterlagen mehr aus der Zeit des „Dritten Reiches“ zu besitzen; es stammt aus dem Archiv des Statistischen Amtes der Volksrepublik Polen, in dem die deutschen Dokumente aus der Zeit der Besatzung sorgfältig aufbewahrt werden. Das Papier kam dorthin, weil die deutschen Statistiker, die sich im besetzten Polen im sogenannten „statistischen Sondereinsatz“ befanden, es 1943 für die Vorbereitung einer „summarischen Bevölkerungsbestandsaufnahme“ anforderten. Nicht, daß der Staat, der seine Bevölkerung zählt, bereits ein faschistischer Staat sei, aber in der Aufsplitterung der Menschen nach Merkmalen liegt etwas Inhumanes. Der Planungsbegriff, der anhand beliebig variierbarer Zahlenkolonnen entsteht, ist seinem Wesen nach undemokratisch. Die Abstraktion des Menschen beinhaltet die Versuchung, den einmal zum Merkmalsprofil gewonnenen Menschen zu begradigen, zu bereinigen, wie die Statistiker es nennen. Solche Zählungen fördern die Macht des Staates über die Menschen, die Rationalität der Willkür. Die verschiedenen Erfassungstechniken sind von den Nationalsozialisten benutzt, weiterentwickelt und nur selten pervertiert worden. Wer über die Folgen der Statistik im „Dritten Reich“ nachdenkt, muß darüber nachdenken, ob nicht der gesamte methodische Ansatz, aus Menschen Zahlen, Summen, Faktoren zu machen, aufgegeben werden muß. Götz Aly Zum Weiterlesen: Götz Aly/Karl–Heinz Roth, Die restlose Erfassung. Volkszählen, Identifizieren, Aussondern im Nationalsozialismus, Rotbuch Verlag, Berlin 1984, 14 DM.

A. Zeitpunkt einer neuen Zählung Die Volks–, Berufs– und Betriebszählungen stellen die großen, allgemeinen Inventuraufnahmen von Volk und Wirtschaft dar. Sie sind die einzigen Zählungen, die die gesamte Bevölkerung und sämtliche Betriebe, und zwar sowohl die landwirtschaftlichen als auch die gewerblichen, erfassen. Vor dem Kriege wurden die Volkszählungen in regelmäßigen Abständen von fünf Jahren durchgeführt; die Berufs– und Betriebszählungen fanden in Abständen von zehn bis zwölf Jahren statt. Die allgemeine Entwicklung war dabei verhältnismäßig ruhig und gleichförmig. In der Gegenwart treten dagegen im Laufe weniger Jahre auf allen Gebieten des völkischen und wirtschaftlichen Lebens Veränderungen ein, die sich früher nur in Jahrzehnten langsamer Entwicklung vollzogen hätten. Eine neue Zählung ist deshalb ohne Frage in den nächsten Jahren fällig. (...) B. Allgemeine Bedeutung einer neuen Zählung Die Volks–, Berufs– und Betriebszählung vermittelt einen Überblick über die Größenordnungen von Volk und Wirtschaft zu einem bestimmten Zeitpunkt. Sie gibt damit den Ausgangspunkt und die Grundlagen für jede Planung größeren Stils. In vielen Fällen liefert die Volks–, Berufs– und Betriebszählung unmittelbar die Unterlagen für bestimmte Maßnahmen und bietet gleichzeitig die Möglichkeit für eine Prüfung, ob die praktische Durchführung dieser Maßnahmen gelungen ist. So dienen z.B. die Zahlen über die Altersgliederung der Bevölkerung der Reichsjugendführung, dem Reichsarbeitsdienst und der Wehrmacht für ihre organisatorischen Maßnahmen zur Erfassung bestimmter Jahrgänge und dergleichen. Die praktische Durchführung der Erfassung der einzelnen dienstpflichtigen Personen usw. bleibt dabei natürlich Aufgabe dieser Stellen selbst oder der von ihnen beauftragten Dienststellen. Ob die Erfassung vollkommen gelungen ist, läßt sich aber wieder nur an Hand der Altersgliederung im Rahmen einer allgemeinen Volkszählung nachprüfen. In der gleichen Weise, wie diese Volkszählungsergebnisse schon immer verwendet worden sind, können auf wirtschaftlichem Gebiet die An gaben der Berufs– und Betriebszählung herangezogen werden. Sie bieten z.B. die größenordnungsmäßigen Unterlagen für die Überleitung bestimmter Berufe in bestimmte Wirtschaftszweige, wobei die praktische Durchführung natürlich wieder Aufgabe anderer Stellen (hier der Arbeitsämter) bleibt. In anderen Fällen wird die Volks–, Berufs– und Betriebszählung mittelbar heranzuziehen sein, indem sie als Ausgangspunkt für die Durchführung von Spezialstatistiken dient. Sie gibt dann den Rahmen für die richtige Abgrenzung derartiger Spezialuntersuchungen und liefert vielfach auch das Ausgangsmaterial. So ist z.B. im Anschluß an die Volks–, Berufs– und Betriebszählung 1933 eine Gartenbauerhebung durchgeführt worden, die sich auf eine in der Haushaltungsliste gestellte Frage nach dem erwerbsmäßigen Gartenbau stützte. Ebenso wurde eine industrielle Produktionsstatistik weitgehend mit dem Adressenmaterial der Volks–, Berufs– und Betriebszählung 1933 aufgezogen (...). V. Allgemeine Bevölkerungspolitik Seit 1933 hat sich in der Haltung des deutschen Volkes zur Fortpflanzungsfrage keine weitgehende Wandlung vollzogen. Weitere Maßnahmen auf allen Gebieten der Bevölkerungspolitik (Familienfürsorge, Lastenausgleich, Lohn– und Gehaltspolitik, Wohnungswirtschaft usw.) werden notwendig sein, um den Erhaltungswillen des Volkes zu fördern. In welchem Umfange sind bestimmte Erleichterungen für kinderreiche Familien überhaupt möglich? Zur Klärung dieser und ähnlicher Fragen werden zuverlässige Zahlen über die deutschen Familien benötigt, die nur im Rahmen einer allgemeinen Zählung gewonnen werden können (vgl. auch II. Frauenarbeit). Unterla gen: Hauptergebnisse der Volks–, Berufs– und Betriebszählung, im besonderen Volkszählung und Familienstatistik. VI. Wehrmacht, Wehrwirtschaft Die Wehrkraft des Volkes ist in erster Linie von der Stärke der wehr– und arbeitsfähigen Jahrgänge abhängig. Wieviel im Ernstfall einsatzfähige deutsche Männer und Frauen (Wehrgesetz §1, Abs.3) sind überhaupt vorhanden? In welchen Altersklassen? In den einzelnen Reichsteilen bis herab zu den kleineren Verwaltungsbezirken und den einzelnen Gemeinden? Zur Klärung dieser wichtigen Fragen ist vor allem eine eingehende Alters– und Familienstandsgliederung der Bevölkerung nötig. Die Ergebnisse der Volkszählung 1933 sind hierfür unzulänglich (vgl. hierzu X. Jugenderziehung). Für den Ernstfall wird weiter zu klären sein, wie die verfügbaren Kräfte am zweckmäßigsten eingesetzt werden. Dabei ergibt sich zunächst die Frage: Wie wirkt der Menschenbedarf der Kriegsindustrie im Ernstfall auf den Ersatzbedarf des Heeres (und umgekehrt)? Der Versuch, eine solche Frage zu beantworten, wirft naturgemäß eine fürs erste unübersehbare Fülle von Einzelfragen auf, deren Beantwortung zum Teil schwierige Untersuchungen erfordern dürfte. Inwieweit eine Volks–, Berufs– und Betriebszählung etwa zur Beantwortung derartiger Fragen beizusteuern vermag, soll nachstehend kurz angedeutet werden. Für den planmäßigen Einsatz der deutschen Männer und Frauen an der Front und in der Heimat dürfte die Beantwortung folgender Fragen wichtig sein: a) Wieviel Männer sind im Wehrdienst einzusetzen? b) Wieviel Arbeitskräfte braucht die Kriegsindustrie? c) Wo sollen die erforderlichen Menschen hergenommen werden? Der Menschenbedarf des Heeres muß von vornherein auf den Menschenbedarf der Kriegsindustrie, der Rohstoff– und Ernährungswirtschaft Rücksicht nehmen und umgekehrt. Bei einer Abwägung der verschiedenen Bedürfnisse werden daher - nach Klärung von Begriffen wie „Kriegsindustrie“, „kriegswichtige Berufe“, usw. - z.B. folgende Fragen zu beantworten sein: 1. Welcher Ausfall entsteht für das Heer dadurch, daß bei bestimmten kriegswichtigen Berufen unter Umständen auf eine Einberufung zum Wehrdienst verzichtet werden muß? Unterlagen: Berufszählung, landwirtschaftliche Betriebszählung, gewerbliche Betriebszählung. 2. Welche kriegswichtigen Berufe können nach ihrem zahlenmäßigen Umfang und nach ihrem Altersaufbau eine Einberufung der wehrpflichtigen Arbeitskräfte vertragen? Unterlagen: Berufszählung. 3. Kann der bei der Kriegsindustrie im Falle einer Mobilmachung eintretende Ausfall an jüngeren Arbeitskräften durch vorhandene ältere Arbeitskräfte der gleichen Berufe aus anderen Wirtschaftszweigen gedeckt werden? Unterlagen: Berufszählung. 4. Wieviel Kräfte können überhaupt dadurch freigemacht werden, daß bestimmte Industriezweige im Ernstfall stillgelegt oder eingeschränkt werden? Unterlagen: Berufszählung, gewerbliche Betriebszählung (nach Festlegung des Kreises der stillzulegenden oder einzuschränkenden Industriezweige). 5. Wieviel Menschen sind durch die auch während eines Krieges in eingeschränktem Umfang weiterzuführenden Betriebe, insbesondere der Ernährungs– und Verkehrswirtschaft gebunden? Unterlagen: Berufszählung, landwirtschaftliche Betriebszählung, gewerbliche Betriebszählung. 6. Wieviel Männer sind in kriegswichtigen und anderen Berufen tätig, die auch durch Frauen ausgefüllt werden können? Unterlagen: Beufszählung, landwirtschaftliche Betriebszählung, gewerbliche Betriebszählung. 7. Wieviel Frauen kommen nach ihrem Alter, ihren Familienpflichten, ihrer Betätigung in der Wirtschaft usw. überhaupt für den Hilfsdienst in Frage? Familien– und Haushaltungsstatistik, Volkszählung, Berufszählung, landwirtschaftliche Betriebszählung, gewerbliche Betriebszählung. 8. Welche Reserven an Arbeitskräften für kriegswichtige Berufe können aus anderen Berufen herausgeholt werden? Können genügend gelernte Arbeitskräfte beschafft werden, um die erforderliche Ausweitung der Kriegsindustrie reibungslos durchzuführen? Unterlagen: Statistik des Berufswechsels auf Grund des Arbeitsbuches (Reichsanstalt für Arbeitsvermittlung und Arbeitslosenversicherung) in Verbindung mit der Berufszählung und der gewerblichen Betriebszählung. 9. Welche Reserven an Arbeitskräften für bestimmte Berufe können aus der Schicht der älteren, nicht mehr berufstätigen Personen heraus geholt werden? Unterlagen: Berufszählung in Verbindung mit einer vom Reichsversicherungsamt zu liefernden Berufstatistik der Rentenempfänger usw. 10. Welche Reserven an Arbeitskräften sind zur Sicherung der Ernähungswirtschaft je nach Betriebsgröße und Betriebsart als Ersatz für die wehrpflichtigen Betriebsleiter und sonstigen Arbeitskräfte einzusetzen? Unterlagen: Landwirtschaftliche Betriebszählung in Verbindung mit der Berufszählung. 11. In welchem Umfang kann der Ausfall an Arbeitskräften in der Landwirtschaft durch Einsatz von Landmaschinen - eventuell auf genossenschaftlicher Grundlage - ausgeglichen werden? Unterlagen: Landwirtschaftliche Betriebszählung. Durch die vorstehenden Fragen soll lediglich beispielhaft angedeutet werden, zu welchen unter wehrpolitischen Gesichtspunkten wichtigen Größenordnungen von einer Volks–, Berufs– und Betriebszählung Material geliefert werden kann. Die Beispiele beschränken sich außerdem auf den Bereich des Menscheneinsatzes. Andere Fragen ergeben sich z.B. auf dem Gebiet der Lebensmittelverteilung (Fettzulagen für Schwerarbeiter? Bevölkerungsverschiebungen infolge Umstellung auf die Kriegswirtschaft?) Nicht behandelt ist ferner die etwaige Untersuchung des Einsatzes der Betriebsstätten (z.B.: Wieviel kleinere Betriebe der einzelnen Reichsteile können neben den bekannten Großbetrieben der Kriegsindustrie eingesetzt werden?). Auch die in Frage 11 gestreifte Untersuchhung des Maschineneinsatzes könnte weiter 1939 verdeutlicht, zu welchen Zwecken statistische Daten benutzt werden können, nicht indem man sie miß–, sondern gebraucht / Die taz dokumentiert Auszüge

behandelt werden (z.B.: Wieviel Klein–, Mittel und Großbetriebe verfügen über bestimmte kriegswichtige Arbeitsmaschinen wie Drehbänke, Korbflechtmaschinen, u.dgl.?). Für die Beantwortung derartiger Fragen sind außer den jeweils angegebenen statistischen Unterlagen zum Teil noch andere Unterlagen - z.B. Erfahrungen des Weltkrieges - zum Teil wohl auch Schätzungen und gutachterliche Äußerungen von Sachverständigen erforderlich. Es kann sich dabei grundsätzlich nur um die Bereitstellung brauchbarer Größenordnungen handeln; derartige Größenordnungen dürften aber in vielen Fällen einen sicheren Boden zur Beurteilung bestimmter konkreter Mobilmachungsmaßnahmen für Menschen, Maschinen und Betriebe liefern. VII. Arbeitseinsatz, Berufsumlenkung (Siehe auch IX. Nachwuchsfrage). Wieviel Arbeitskräfte eines bestimmten Berufes sind überhaupt vorhanden? Wieviel jüngere und ältere Schlosser (um als Beispiel nur einen Beruf zu nennen) können durch Einschränkung der Bautätigkeit freigemacht werden für die Metallindustrie? Die Berufszählung kann naturgemäß, wie bereits in Abschnitt B dargelegt wurde, nur größenordnungsmäßig einen Anhaltspunkt liefern, ob und wieviel Schlosser aus einzelnen Wirtschaftszweigen herausgezogen werden können. Sie ermöglicht es aber, an Hand solcher Größenordnungen die Erfolgsaussichten bestimmter Maßnahmen vor Inangriffnahme einer Umlenkung abzuschätzen und nach ihrer Durchführung den tatsächlichen Erfolg zu prüfen. Unterlagen: Berufszählung. (...) X. Jugenderziehung Die Jugenderziehung liegt der Schule (einschließlich Berufs–, Fach– und Hochschulen), der Staatsjugend (Hitlerjugend) und dem Reichsarbeitsdienst ob. Grundlage jeder organisatorischen Arbeit auf diesem Gebiet ist die Kenntnis der zahlenmäßigen Stärke der einzelnen Jahrgänge und ihrer Verteilung über das Reich (bis zu den kleineren Verwaltungsbezirken und Gemeinden herunter). Wieviel Jungen und Mädel kommen für das Jungvolk, den Bund deutscher Mädchen, die Hitlerjugend, in Bet werden. Die Ergebnisse der Volkszählung 1933 sind bereits weitgehend überholt. Überdies hat sich gezeigt, daß die regionale Aufgliederung dieser Angaben für viele Zwecke nicht ausreichend war. Für das Berufs– und Fachschulwesen und für die Jugendführung ist es auch von Wichtigkeit zu wissen, wieviel männliche und weibliche Jugendliche der einzelnen Altersgruppen bereits im Erwerbsleben stehen, in welchen Wirtschaftszweigen und Berufen sie tätig sind, insbesondere wie weit sie in handwerklichen Berufen ausgebildet werden und wie weit sie ungelernte Arbeiter sind (vgl. hierzu IX. Nachwuchsfrage). Unterlagen: Volkszählung, Berufszählung. XI. Frauenarbeit Wieviel Frauen stehen im Erwerbsleben? Ledige oder Verheiratete? Jüngere oder Ältere? Mit oder ohne Kinder? Welche Berufe werden hauptsächlich von Frauen ausgeübt? Wieviel Frauen sind Betriebsführer? Wieviel Hausfrauen gibt es? Welche Arbeitskraftreserven bedeuten die nicht– erwerbstätigen Frauen für unser Wirtschaftsleben, insbesondere im Ernstfall? Wieviel Familienbetriebe gibt es in der Landwirtschaft, im Kleingewerbe, im Handel? Wieviel Familienbetriebe beruhen ausschließlich auf der Arbeitskraft der Familie? Unterlagen: Volkszählung, Berufszählung, landwirtschaftliche Betriebszählung, gewerbliche Betriebszählung, Familien– und Haushaltungsstatistik. (...) XIV. Kirchenpolitik Angesichts der Krise im kirchlichen Leben ist zu erwarten, daß sich die Religionsgliederung der Bevölkerung im Laufe weniger Jahre stärker als früher ändert. Wie aus Anfragen hervorgeht, legen die interessierten Stellen in Staat und Partei großen Wert darauf, bald einen Überblick über den Gang der Entwicklung zu bekommen. Unterlagen: Volkszählung. XV. Minderheitenpolitik, Ausländerfragen Unentbehrliche Unterlagen für die Minderheitenpolitik liefert die Auszählung der Bevölkerung nach der Muttersprache. Die Ergebnisse der Volkszählung 1933 über die Sprachzugehörigkeit der Bevölkerung dürften zwar nicht so schnell überholt sein wie viele andere Ergebnisse. Da aber die Auszählung im Jahre 1933 aus finanziellen Gründen auf die Feststellung der Zahl der Fremdsprachigen in einigen Gebieten beschränkt werden mußte, dürfte bei der nächsten Zählung eine sachlich erweiterte Auszählung erwünscht sein (z.B. Altersgliederung und Religionszugehörigkeit der Fremdsprachigen). Die grundlegende Wandlung in der wirtschaftlichen Entwicklung, die seit 1933 eingetreten ist, wird auch Zahl und Zusammensetzung der Ausländer im Deutschen Re werden. Unterlagen: Volkszählung, Berufszählung. XVI. Judenfrage Die im Rahmen der Volkszählung 1933 durchgeführte Auszählung der Glaubensjuden nach Staatsangehörigkeit, Gebürtigkeit, Alter und Beruf gibt einen Überblick über die Stellung des Judentums vor Durchführung der neuen Judengesetzgebung. Eine neue Zählung würde ein umfassendes Bild von den Auswirkungen der Judengesetze und sonstigen Maßnahmen ermöglichen. Ob die Erfassung des gesamten Judentums und der Judenmischlinge, auch soweit sie der mosaischen Religion nicht angehören, noch erforderlich ist und im Rahmen einer allgemeinen Volkszählung oder besser im Anschluß an eine Personenstandsaufnahme durchzuführen ist, bedarf noch besonderer Erwägung. Unterlagen: Volkszählung, Berufszählung.