Wirbel um Bangemann–Interview

■ Gewerkschaften und Unternehmer sind empört über angekündigten Subventionsentzug / SPD will Aktuelle Stunde / Wirtschaftsministerium: Subventionsabbau „sozialpolitisch begleiten“

Berlin (dpa/ap/taz) - Die in der Welt zitierte Äußerung von Bundeswirtschaftsminister Bangemann, die Kohle– und Stahlindustrie nicht weiter subventionieren zu wollen, sorgt in Bonn und bei den Gewerkschaften weiter für heftige Debatten. Die SPD–Fraktion im Bundestag hat inzwischen eine Aktuelle Stunde für den 2. April beantragt. Bangemann selbst befindet sich zur Zeit in Neuseeland. Der IG Metall–Vorsitzende Steinkühler warf Bangemann vor, „das Revier industriell auslöschen“ zu wollen, doch brauche eine moderne Industrienation eine „nationale Stahlbasis“. Thyssen– Chef Spethmann kündigte an, die Arbeitgeber würden zusammen mit den Betriebsräten „nach Bonn marschieren“. Bei der SPD–Opposition reichen die Reaktionen von „ungeheuerlich“ und „strukturpolitisch völlig verfehlt“ bis hin zur von Anke Fuchs erhobenen Forderung nach dem Rücktritt des Ministers. Saarlands Ministerpräsident Lafontaine bezeichnete Bangemanns Äußerung als „eine industriepolitische Bankrotterklärung der Bundesregierung“. Mit der angekündigten Aufgabe der Stützung der Kohleförderung werde klar, daß Bangemann „ganz ausdrücklich auf die Kernkraft als alleinige Quelle für die Stromversorgung“ setze. Heftige Watschn bekam Bangemann auch von seinem Koalitionspartner CDU. Ihr sozialpolitischer Sprecher Günther nannte es „unglaublich, daß der Wirtschaftsminister“ dem Bundeskanzler bei seinen Bemühungen, die Interessen der deutschen Stahlindustrie besonders in der EG zu vertreten, „in den Rücken fällt“. Bundesarbeitsminister Blüm versprach in einem Interview mit der BILD den Stahlarbeitern und Bergleuten: „Wir werden sie nicht im Stich lassen“. Aus dem Bundeswirtschaftsministerium und von der FDP kommen inzwischen weitere Dementis. Staatssekretär Schlecht betonte, die Bundesregierung werde weiterhin auf die Abschaffung der Stahlsubventionen in anderen EG– Ländern dringen und einen Beschäftigungsabbau bei deutschen Stahlunternehmen sozialpolitisch begleiten. Auch bei der Erhöhung des „Kohlepfennigs“ zur Unterstützung des Steinkohlebergbaus werde es bleiben. FDP–Generalsekretär Haussmann bestritt weiterhin, daß Bangemann der Welt ein entsprechendes Interview gegeben habe. ger