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I N T E R V I E W „In dieser Form nicht zu retten“

■ Interview mit Christa Vennegerts, Bundestagsabgeordnete der Grünen und Mitglied des Haushaltsausschusses / Gegen Subventionen, für verstärkte Regionalförderung

taz: IG Metall, SPD und auch Grüne fordern die Vergesellschaftung der Stahlindustrie. Reicht das zur Lösung der Stahlkrise aus? Vennegerts: Auf gar keinen Fall. Die Vergesellschaftung, Verstaatlichung, oder wie immer man das nennen will, löst nicht allein die Probleme der Stahlindustrie. Auch ein vergesellschafteter Betrieb steht vor dem Problem der Unrentabilität und stößt auch an Grenzen des Marktes. Was ist die Alternative? Die Alternative ist schon gesellschaftliche Kontrolle und Mitbestimmung. Es reicht aber nicht aus, daß die Arbeitnehmer mehr in die Entscheidungsprozesse hineingezogen werden. Es muß eine Politik betrieben werden, die Ersatzarbeitsplätze schafft, und zwar so schnell wie möglich. Es kann ja nicht angehen, daß wir eine Krisenbranche nur fördern, fördern, fördern, obwohl wir wissen, daß sie mittel– und langfristig gar keine Überlebenschance hat. Die industriellen Strukturkrisen - gerade auch im Stahlbereich - haben sich zu regionalen Krisen ausgeweitet. Nur eine rechtzeitige Verbreiterung dieser regionalen Wirtschaftsstrukturen kann uns helfen, etwa durch die Förderung von regionalen Entwicklungsfonds. Du bist mit Bangemann der Meinung, daß die Stahlindustrie nicht zu retten ist? Die Stahlindustrie ist in dieser Form nicht zu retten. Ich halte Bangemann für einen Zyniker. Er hat jahrelang blind Subventionen vergeben. Aus haushalts– und finanzpolitischen Gründen und wegen der teuren Steuerreform sagt er jetzt, es wären keine Mittel mehr da. Ich sage nicht, daß Subventionen schlecht sind. Für mich geht es darum, an wen und für was ich sie gebe. Die deutsche Stahlindustrie ist in der Krise, weil sie im Gegensatz zu den ausländischen Industrien keine Subventionen bekommt. Es kann ja wohl nicht angehen, daß jetzt jedes Land auf Teufel komm heraus Subventionen in die Stahlindustrie hineinpumpt, um wettbewerbsfähig zu sein. Diese Gelder wären wesentlich besser angelegt z.B. für Umschulungsmaßnahmen für die Arbeitnehmer, für die Schaffung von Arbeitskräftepools. Man sagt den Arbeitnehmern nicht die volle Wahrheit. Denn auch mit Subventionen wird sich das Stahlproblem nicht erledigen, weder national noch international. Da wird Sand in die Augen gestreut. Wir brauchen eine Politik, die Ersatzarbeitsplätze schafft. Das heißt, eine Wirtschaftspolitik zu betreiben, die an die Region angelehnt ist. Interview: Martin Kempe

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