„Steger–Genehmigung ist Geschichte“

■ Hessens Landesregierung klagt in Karlsruhe gegen das Atomgesetz / Die Genehmigung für ALKEM durch Wirtschaftsminister Steger, die zum Bruch der rot–grünen Koalition führte, ist für die SPD kein Thema mehr

Von Klaus–Peter Klingelschmitt

Frankfurt (taz) - Für die hessische SPD–Minderheitsregierung, die am Dienstag in Wiesbaden ihre Normenkontrollklage gegen das Atomgesetz vorstellte, ist die im Januar von Wirtschaftsminister Ulrich Steger angekündigte ALKEM–Genehmigung inzwischen angeblich „eindeutig Geschichte“. Auf der Basis von 460 kg Plutonium sollte ALKEM danach die Erlaubnis erhalten, noch zehn Jahre lang Mischoxid–Brennelemente herzustellen. Wie der Leiter der Staatskanzlei, Paul–Leo Giani, im Gespräch mit der taz ausführte, habe Bundesumweltminister Walter Wallmann (CDU) mit seiner auf das Atomgesetz bezogenen Weisung die Steger Genehmigung „faktisch vom Tisch gewischt“. Mit der von Wallmann gewollten „großtechnischen Plutoniumverarbeitung“ habe sich eine „völlig neue Sachlage“ ergeben. Denn auch Steger habe mit seiner „produktbegrenzten Genehmigung“ die ALKEM zum „auslaufenden Modell“ erklärt. Nun gelte es, die großtechnische Plutoniumwirtschaft generell zu verhindern: „Deshalb haben wir auch in Karlsruhe eine Normenkontrollklage eingereicht.“ Denn daß die Verarbeitung von Plutonium zu Mischoxid–Brennelementen (MOX) nicht zur „schadlosen Beseitigung“ des hochgiftigen Stoffes führt, sei inzwischen auch der Landesregierung klar geworden. Giani: „Wir befürworten jetzt die Endlagerung oder die Zwischenlagerung des Plutoniums. Wir werden kein Produkt mehr genehmigen, daß im Plutoniumkreislauf zum Einsatz kommen könnte.“ Bereits am Dienstag hatte Finanzminister Hans Krollmann, der nach dem 5. April Ministerpräsident einer roten oder rot–grünen Landesregierung zu werden gedenkt, die Steger–Vorankündigung als nicht mehr relevant bezeichnet. In diesen „geschichtsträchtigen Tagen“, so Krollmann, sei es ein „Gebot der Vernunft“, mit der Plutoniumwirtschaft schlußzumachen und auszusteigen. Mit der eingereichten Normenkontrollklage wolle das Land Hessen jetzt erreichen, daß das Bundesverfassungsgericht (BVG) die „Unvereinbarkeit von Vorschriften des Atomgesetzes mit dem Grundgesetz“ feststelle. Mit der Plutoniumwirtschaft, so die Argumentation der Landesregierung, seien Risiken verbunden, die mit den Bestimmungen des Artikels 2, Absatz 2 des Grundgesetzes - das Recht auf körperliche Unversehrtheit - unvereinbar seien. Die Juristen Preuß und de Witt, die als Prozeßbevollmächtigte der Landesregierung die Klage in Karlsruhe vertreten sollen, rechnen für 1989 mit einer Entscheidung des BVG. Bis dahin, so Giani, müßte bei der ALKEM der status quo aufrechterhalten werden. Sollte die Klage dann in Karlsruhe abgeschmettert werden, dann sei „alles vorbei“.