Demo für Argentiniens Henker

■ Konkurrenz für „Mütter der Plaza de Mayo“ / Freunde und Verwandte der inhaftierten Militärs demonstrieren für deren Freilassung / Alfonsin warnte die „ewigen Nazis“

Buenos Aires (afp/taz) - In der argentinischen Hauptstadt gibt es derzeit zwei regelmäßige Demonstrationen pro Woche. Donnerstags demonstrieren seit zehn Jahren vor dem Präsidentenpalast die „Mütter der Plaza de Mayo“, und mittwochs wollen sich nun vor dem Justizpalast die „Angehörigen und Freunde der ungerecht Inhaftierten“ (FADEI) einfinden. Am Donnerstag geht es um die Opfer der Diktatur, am Mittwoch um deren Henker. „Es lebe das Vaterland“ und „Es leben unsere ruhmreichen Offiziere“, schrien die rund hundert Frauen, die sich vorgestern zum ersten Mal vor dem Justizpalast versammelt hatten. Die „ruhmreichen Offiziere“ haben zwar den Krieg gegen Großbritannien um die Malvinas 1982 verloren und mit diesem auch die Unterstützung der Bevölkerung, doch haben sie einen anderen gewonnen: den „schmutzigen Krieg“ oder den „Heiligen Krieg gegen die Subversion“, wie ihn General Ramon Camps, einer seiner Protagonisten, zu nennen beliebte. Es war kein Krieg im üblichen Sinne. Es war die Ausrottung der Opposition. 30.000 Personen „verschwanden in den Jahren der Militärdiktatur 1976–83. Tausende von Verantwortlichen dieser Massaker werden ihre Verbrechen nie büßen müssen, gegen Hunderte wird ermittelt, und einige Dutzend sitzen in Untersuchungs– oder Strafhaft, in sogenannten Gefängnissen d.h. geschlossenen Anstalten mit Swimmingpool und Golfplatz. „Punto final“ - „Schlußpunkt“, hieß schon im letzten Jahr die Parole von Staatspräsident Alfonsin. Der Verfolgung der Verbrechen der Diktatur wurde dann mit einem kurz vor Weihnachten verabschiedeten Gesetz ein Ende gesetzt. Doch kaum ist die Debatte um das Amnestie–Gesetz ausgestanden, melden sich immer deutlicher die Freunde derjenigen zu Wort, die auf dem Altar der „nationalen Aussöhnung“ geopfert wurden. Seit geraumer Zeit führen die „Familienangehörigen der Opfer der Subversion“ ihre monatlichen Messen durch. Am Sonntag demonstrierte eine Gruppe namens „Patriotisches Bürgerzentrum“ vor dem Militärgefängnis von Magdalena. Präsident Alfonsin hat am Montag die „ewigen Nazis“ nachdrücklich gewarnt. Er bezog sich auf die wachsende Unruhe in der Armee, die sich immer deutlicher in die argentinische Innenpolitik zurückmelden will. thos