K O M M E N T A R Sicherheits–Fiasko

■ Als wenn Plutonium gar nichts wäre

Was über NUKEM und jetzt über das KWU–Labor im bayerischen Karlstein scheibchenweise bekannt wird, der fahrlässige Umgang mit dem Horrorstoff Plutonium und die Verseuchung von inzwischen mindestens 26 Menschen, ist der erste große Plutoniumunfall in der Geschichte der bundesdeutschen Atomwirtschaft. Man muß beklagen, daß die bayerische Landesregierung vorbei am Atomgesetz einem Labor die Erlaubnis erteilt, mit mehr als 100 Kilogramm Plutonium zu arbeiten, obwohl die Entsorgungsanlagen in Karlstein selbst nach Angaben der KWU technisch überholt sind. Man muß auch die KWU und die NUKEM anklagen, daß sie, sei es mit oder ohne Genehmigung, nicht von sich aus den Umgang mit dem hochgefährlichen Plutonium ablehnen und damit den Regeln einer verantwortlichen Ingenieurtechnik folgen. Doch man sollte auch die Minister Wallmann und Süßmuth nicht vergessen. Bundesumweltminister Wallmann klagt immer dann Bundeskompetenz ein, siehe NUKEM, wenn es darum geht, das atomare Risoko zu erhöhen - sei es durch politische Weichenstellung für das Reaktorbauprogramm in der BRD, sei es durch die Erteilung der Genehmigung, wac Länderkompetenzwirrwarr gerade recht zu sein. Schließlich ist Wallmann bekanntlich schon immer ein Freund der Atomwirtschaft gewesen. Wen wundert es da, daß aus seinem Haus keinerlei Anforderungen an seine Atomklientel kommen, die für sie die Erkenntnis unabweisbar machen würden, zu der man sich im gelobten Amerika schon längst durchgerungen hat: daß die Gefährlichkeit der „friedlichen Nutzung der Atomenergie“ und die Kosten für unabdingbare Sicherheitseinrichtungen die Atomenergie zu einer völlig unrentablen Energiequelle machen. Politisch verantwortlich zu machen ist Wallmann natürlich auch für das skandalöse Schweigen der unter seiner Ägide „arbeitenden“ Strahlenschutzkommission und Reaktorsicherheitskommission des Bu Auch Gesundheitsministerin Süßmuth schweigt. Ihr stünde es gut zu Gesicht, äußerte sie sich zu den Gefahren, die der Volksgesundheit durch die Atom– und Plutoniumwirtschaft drohen. Ist es zu viel verlangt, daß sie zu dem Schicksal von 26 mit Sicherheit verseuchten Arbeitern und weiteren 166 möglicherweise ebenfalls verseuchten Werksangehörigen von NUKEM und der KWU ein Wort sagt? Doch Frau Süßmuth hat schon vor einem Jahr, als Tschernobyl über uns kam, ihre gänzliche Inkompetenz und Interessenlosigkeit an den Opfern des atomaren Wahnsinnskurses ihrer konservativ–liberalen Regierung vorgeführt. Raul Gersson