: Alice Schwarzer zur Klage entschlossen
■ Die Verfassungsklage gegen den Abtreibungsparagraphen 218 ist bei Feministinnen weiter umstritten / Veranstaltung in Frankfurt
Aus Frankfurt Heide Platen
Alice Schwarzer, Suggestion in der Stimme, belehrt, bittet, schilt und erklärt: „Frauen, bitte versteht doch.“ Und: „Das muß doch in Eure Köpfe hineingehen!“ Zwei Stunden lang versuchte sie am Donnerstag abend im Frankfurter Volksbildungsheim rund 1.000 Frauen davon zu überzeugen, daß eine Verfassungsklage gegen den Abtreibungsparagraphen 218 notwendig sei. Ein mühseliges Unterfangen, denn die versammelten Frauen waren entweder schon ihrer Meinung oder aber ganz anderer Ansicht. Die grüne Fundamentalistin Jutta Ditfurth hielt dagegen, sie wolle keine Klage, weil diese ohnehin aussichtslos sei, sie erwarte nicht, daß sich „dem herrschenden Block eine lila Robe“ überstülpen lasse. Die Kontroverse zog sich hin, bis Moderatorin Barbara Köster von der Frankfurter Frauenschule feststellte, sie fände es allmählich „unendlich langweilig“. Die Positionen im Saal waren festgefahren. Schwarzer erläuterte noch einmal, warum sie für die Klage sei und diese auch veranlassen werde: „Es wird eine Frau klagen, so wahr ihr mich hier sitzen seht.“ Für sie sei das, trotz mangelnder Erfolgsaussicht, auch ein „politischer Prozeß“, der „die Lage klären“ werde. Der derzeitige Paragraph 218 sei keine Fristenlösung, aber die Mehrheit der Bevölkerung sei inzwischen „so dumm gequatscht“, daß sie das trotzdem glaube. Dagegen warnten Frauen aus dem Saal, es sei bedenklich, eine Kampagne zu beginnen, wenn sicher sei, daß ihr Ziel nicht erreicht werden könne. Tina Hähnle von der Pro Familia verlangte eine feministische Diskussion über die Abtreibung. Sie wisse, daß es immer noch schwierig sei, darüber öffentlich zu reden: „Die meisten Frauen sagen das auch heute nicht mal ihrer besten Freundin, wenn sie abgetrieben haben.“ Die Grünen griff Alice Schwarzer massiv an. Sie honorierte zwar den Mut der hessischen Staatssekretärin für Frauenfragen, die Verfassungsklage zu unterstützen, sagte aber andererseits, die Grünen seien angetreten für Umweltschutz und Emanzipation, lösten den Anspruch aber nicht ein. Ex– Umweltminister Fischer habe auf dem Katholikentag „dahergeschwätzt wie ein Pfaffe“. Marita Haibach versicherte den Frauen, daß sie sich dafür einsetzen werde, die Verfassungsklage zum Paragraphen 218 nach der Landtagswahl zum Koalitionsthema zu machen. Das sei für die Grünen genauso wichtig wie die Atomfrage. Wenn das Land jetzt wegen der Atomfabriken in Hanau eine Normenkontrollklage einreiche, könne es das durchaus auch beim Paragraphen 218 tun.
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