KP–Frau soll Italiens Regierungskrise lösen

■ Staatspräsident Cossiga erteilt der Präsidentin der Abgeordnetenkammer, Nilde Iotti, Auftrag zur Regierungsbildung / Front der Antikommunisten besorgt

Aus Rom Werner Raith

Mit einem unorthodoxen Schritt sucht Italiens Staatspräsident Cossiga die durch den Zerfall der bisherigen Koalition aus Sozialisten (PSI), Christdemokraten (DC), Sozialdemokraten (PSDI), Liberalen und Republikanern entstandene Regierungskrise zu lösen: Er beauftragte die Präsidentin der Abgeordnetenkammer Nilde Iotti mit einem „explorativen Mandat“ zur Sondierung aller Möglichkeiten für eine neue Mehrheit. Explorative Mandate sind in Italien nichts Außerge wöhnliches; außergewöhnlich jedoch, daß Cossiga den Erkundungsauftrag nicht dem darin erprobten Christdemokraten Fanfani übertragen hat, sondern der Kommunistin Iotti. Entsprechend „besorgt“ haben schon im Vorfeld der Entscheidung Italiens alte Kämpfer reagiert: Fiat–Chef Agnelli z.B. hat sich „ausdrücklich“ gegen eine „Einbindung der Kommunisten in die Regierungsbildung“ ausgesprochen; die bürgerliche Presse um den Corriere della sera und La Stampa spielt Iottis Sondierungsauftrag als „letzten Versuch zur Vermeidung von Neuwahlen“ herunter. Tatsächlich steuern trotz offizieller Dementis die Christdemokraten wie die Sozialisten des bisherigen Ministerpräsidenten Craxi Neuwahlen an. Die DC, weil dadurch das für die Atomkraftbetreiber ungünstige Referendum zum Ausstieg aus der Atomenergie entfiele; die Sozialisten, weil sie gerade durch ihr Eintreten für eine Stillegung der AKWs Stimmen gewinnen wollen. Doch beide versuchen jeweils dem anderen die „Schuld“ für Neuwahlen in die Schuhe zu schieben. Portrait von Nilde Iotti auf Seite 7