CDU blufft Vobo

■ Boykottaufrufer sollen Schadensersatz zahlen / Juristen dazu: „völlig abwegig“

Von Vera Gaserow

Berlin (taz) - Einen Einschüchterungsversuch in Richtung Volkszählungsgegner hat die CDU/CSU–Fraktion im Bundestag gestern losgeschickt, als sie Über ihren Pressedienst eine Anfrage des CDU–Justitiars Dr. Langner verbreiten ließ. Langner hatte der Bundesregierung darin die Möglichkeit nahegelegt, Aufrufer zum Volkszählungsboykott für den finanziellen Schaden haftbar zu machen, der schon bei einer fünf– bis zehnprozentigen Verweigerungsrate entstehen würde. Langner wollte darüber hinaus wissen, ob gegen Boykottaufrufer nicht das sogenannte Fluglotsenurteil angewandt werden müsse, mit dem der BGH 1978 die Fluglotsenvereinigung wegen des Aufrufs zu einem Bummelstreik zu millionenhohem Schadensersatz verurteilt hatte. Obwohl die Bundesregierung gestern diese Fragen eher vage beantwortete, titelten die Nachrichtenagenturen wenig später wie erhofft: „Regierung prüft Ersatzansprüche bei Volkszählungsboykott.“ Die Antwort aus der Feder des Innenministeriums liest sich dagegen ausweichend: Ob Schadensersatzansprüche geltend gemacht werden könnten, hänge von „den konkreten Umständen des Einzelfalls ab“, man werde „schadensrelevante Auswirkungen der Boykottmaßnahmen aufmerksam verfolgen“, und rechtliche Gesichtspunkte würden „eingehend geprüft“. Im Gegensatz zu der Anfrage der CDU/ CSU wurde bei dieser Antwort auch auf die Nennung von bestimmten Paragraphen oder Grundsatzurteilen verzichtet. Zu Recht, meinten gestern dazu von der taz befragte Rechtsanwälte, denn Schadensersatzforderungen im Zusammenhang mit der Volkszählung seien „abstruse Theorien“. Das Fluglotsenurteil von 1978 sei auf die Volkszählung nicht übertragbar. In dem Fluglotsenstreit habe es sich um die Aufforderung zur Verletzung eines Arbeitsvertrages gehandelt. Auch andere Anspruchsgrundlagen für einen Schadensersatz kämen nicht in Betracht. Zur Volkszählung auch das Tagesthema auf Seite 3 Ab morgen die taz–Serie mit Rechts–Tips gegen die Volkszählung Städter Nah wie Löcher eines Siebes stehn Fenster beieinander, drängend fassen Häuser sich so dicht an, daß die Straßen Grau geschwollen wie Gewürgte sehn. Ineinander dicht hineingehakt Sitzen in den Trams die zwei Fassaden Leute, wo die Blicke eng ausladen Und Begierde ineinander ragt. Unsre Wände sind so dünn wie Haut, Daß ein jeder teilnimmt, wenn ich weine, Flüstern dringt hinüber wie Gegröhle: Und wie stumm in abgeschloßner Höhle Unberührt und ungeschaut Steht doch jeder fern und fühlt: alleine. Alfred Wolfenstein Die Seite für heute ist eigentlich völlig simpel zu vervollständigen: Auf die 1 kommt das große 3–spaltige Foto, links unten in die Ecke die 1–spaltige Karikatur. In das große Foto wird ein Ankündigungskasten reingeklebt, den müßt ihr dann aus der Seite rausschneiden. Na ja, bis dann