EKD bremst Apartheid–Widerstand

■ Der Rat der Evangelischen Kirche lehnt Kontenkündigung bei der Deutschen Bank ab / Beschluß hat keine bindende Wirkung / Boykottbefürworter bezeichnen Komplizenschaft mit Apartheidregime als Sünde

Von Raul Gersson

Berlin (taz) - Der Rat der Evangelischen Kirchen in Deutschland (EKD) lehnt den Abbruch von Verbindungen zu Banken und Unternehmen, die Geschäftsbeziehungen zu Südafrika unterhalten, ab. Dies geht aus einem Kommunique über eine Sitzung des EKD– Rates hervor, das in Hannover veröffentlicht wurde. Damit widerspricht der Rat einem im März mit knapper Mehrheit gefällten Beschluß des Präsidiums des Evangelischen Kirchentages. Das Präsidium hatte mit 11 zu 9 Stimmen entschieden, die Bankverbindung zur Deutschen Bank wegen deren Engagement in Bothas Rassistenregime abzubrechen. Der Rat der EKD hält außerdem die bevorstehende Volkszählung für „sinnvoll und vertretbar“. Zum Thema AIDS heißt es, eine Arbeitsgruppe habe den Auf trag erhalten, Handreichungen zu erarbeiten, die „vor allem die langfristig gegebene seelsorgerliche Verantwortung“ zum Inhalt hätten. Der Vorsitzende des EKD–Rates, Bischof Kruse, hat sich zudem in einem Brief an die Berliner Kirchengemeinden gegen kirchliche Widerstandsaktionen zur Verhinderung der Abschiebung von Asylbewerbern gewandt. Eine bindende Wirkung hat der Beschluß des EKD–Rates zu Südafrika für keine der Gliederungen der evangelischen Kirche. Dort herrsche ein „föderalistisches Chaos“, wie es ein kirchlicher Mitarbeiter ausdrückte. Nur die Synode der Evangelischen Kirche könne „Kirchengesetze“ erlassen, so daß der EKD–Ratsbeschluß nur einen „empfehlenden Charakter“ habe. Fortsetzung auf Seite 2 Kommentar auf Seite 4 So wird es also bei der Kündigung der Bankenkonten durch das Präsidium des Kirchentages bei der Deutschen Bank ebenso bleiben wie bei Kündigungen, die das Diakonische Werk Hessen–Nassau und die Aktion Sühnezeichen zum Beispiel vorgenommen haben. Südafrika–, Dritte Welt– und Friedensgruppen haben im Vorfeld des kommenden Kirchentages 1987 in Frankfurt mit ihrer „Kampagne: Kirchentag gegen Apartheid“ den Boykottbeschluß gegen die Deutsche Bank herbei geführt. Der Bankenboykott sei ein „Ausdruck des theologischen Bekennens, wie es internationale Kirchenorganisationen längst deutlich gemacht hätten“, heißt es in einem Schreiben der Kampagneführer vom März diesen Jahres. Apartheid wird darin als „Vergehen gegen Gott“ bezeichnet. „Auch Geschäftsbeziehungen mit den Komplizen der Apartheid“ seien eine „Sünde“. Dem sogenannten „Reformflügel“ im Kirchentagspräsidium, der die Kontenkündigung abgelehnt hatte, wie auch dem Rat der EKD wird von den Boykottbefürwortern Inkonsequenz vorgeworfen. Zwar hätten auch sie die Analyse geteilt, daß Wirtschaftsbeziehungen zu Südafrika das Rassistenregime stabilisieren würden und deshalb Wirtschaftssanktio nen durch Regierungen und Unternehmen befürwortet. „Den eigenen Bereich hat man dabei jedoch ausgenommen“, meinte Andreas Zumach von der Aktion Sühnezeichen in Berlin. Mit den ersten Beschlüssen für den Boykott in der Evangelischen Kirche sei „ein Signal gesetzt worden“, das auch durch die neue EKD–Äußerung nicht mehr rückgängig gemacht werden könne. Zu hoffen sei, daß nun auch bald eine evangelische Landeskirche sich dem Boykott anschließen werde, wodurch die Chancen für einen Boykottbeschluß durch die Evangelische Synode steigen würden. Hans–Joachim Hoffmann, Pressesprecher der Zentrale des Diakonischen Werks der Evangelischen Kirche in Stuttgart, glaubt dagegen, daß die Synodalen in den Landeskirchen von dem EKD– Ratsbeschluß beeinflußt werden könnten. Letztlich jedoch werde es dabei bleiben, daß in der Frage der Kündigung von Geschäftsbeziehungen zu in Südafrika tätigen Banken und Unternehmen die Haltung in der Evangelischen Kirche „fifty–fifty“ sei. Obwohl auch er für Boykottmaßnahmen sei, müsse man den Kontakt zu solchen Banken und Unternehmen jedoch „zur Kenntnis nehmen wie eine Warze“. Die Evangelische Kirche sei aber bei ihren Aktivitäten auf den internationalen Bankenverkehr angewiesen. Das wird von Andreas Zumach bestritten. Der Weltrat der Kirchen mit weit mehr Auslandsgeschäften als die EKD habe 1982 seine Geschäftsbeziehungen zu Südafrika–Banken abgebrochen und dafür „saubere Banken“ gefunden.