Kunst gegen das AKW

■ Mit großen Gemälden wollen Künstler/innen in Stade die „gemütlich–spießige Atmosphäre verletzen, ohne den Volkszorn zu erregen“ / 1.000 Bilder gesucht

Von Holger Bruns–Kösters

Stade (taz) - Liebevoll renoviert sind die Fassaden der alten Fachwerkhäuser in der Stader Innenstadt. Ausdruck einer stolzen Vergangenheit, hergerichtet für die Zukunft. Mit dem Atomkraftwerk am Rande der Stadt haben sich die meisten Bürgerinnen und Bürger abgefunden. Die Gefahr wird verdrängt, ist Bestandteil des täglichen Lebens geworden. „Im Laufe der Jahre ist viel Papier zum Stader Reaktor produziert worden“, sagt Robert Bücking von der Bremer Bürgerinitiative gegen Atomanlagen“, aber irgendwie haben wir immer gewußt, daß wir die Leute so nur bedingt erreichen.“ Deshalb haben die Organisatoren der Stade– Kampagne zusammen mit einer Gruppe bildender Künstler eine Aktion ausgeheckt, um an der Kunst der Verdrängung zu kratzen. Unter dem Motto „Gib Stoff - Kunst für Stade“ hoffen die Initiatoren „die gemütlich–spießige Atmosphäre zu verletzen ohne den Volkszorn zu erregen“. Als vor einer Woche anläßlich der Aktionswochen zur endgültigen Stillegung des Reaktors zum ersten Mal ausgestellt wurde, konnten im Aktionszelt 25 Arbeiten bildender Künstler vorgestellt werden. Im Format 1,60 mal 3 Meter wollen die Maler ihren spezifischen Beitrag zum Widerstand gegen Atomkraftwerke leisten. Dabei soll, sagt Uwe Jens Burchard, Bremer Künstler und Mitinitiator der Aktion, „die künstlerische Qualität über das Selbstgestrickte hinausgehen“. Formal– inhaltliche Festlegungen über das Format hinaus gibt es nicht. „Da hat alles Platz, von ornamentalen Sachen über Expressionismus bis zum Nichtgegenständlichen.“ Bislang sind hauptsächlich Künstlerinnen aus Hamburg und Bremen dem Aufruf gefolgt. Um ein Atomkraftwerk mit einem Patchwork aus großen Gemälden zu umstellen, fehlt noch einiges. „Insgesamt 1.000 Bilder wären am besten“, konkretisiert Uwe Burchard den Bilderbedarf. Über öffentliche Diskussion sollen weitere Maler zur Beteiligung gewonnen werden. Bei einem Treffen des Künstlerbundes in der Hansestadt sollen die bis dahin vorliegenden Werke ausgestellt werden. Und auch in Stade werden die Bilder noch einmal gezeigt. Dann aber nicht im Zelt, sondern in der Innenstadt. „Vielleicht erreichen wir dann auch diejenigen, die am Infotisch auf dem Pferdemarkt immer vorbeigehen“, hofft Bücking auf provokative Wirkung.