: Streik nur bei Urabstimmung
■ IG Druck und Papier legt Wert auf zweifelsfreie Legitimation von Arbeitskampfmaßnahmen / Vorsitzender erklärt an Eides statt: Streik nur nach Urabstimmung
Von Martin Kempe
Berlin (taz) - Der Vorsitzende der Industriegewerkschaft Druck und Papier, Erwin Ferlemann, hat jetzt an Eides statt erklärt, es sei „ständige Praxis der IG Druck und Papier, (...) Streiks grundsätzlich nur dann zu führen, wenn zuvor Urabstimmungen durchgeführt worden sind“. Die Erklärung steht im Zusammenhang mit einem Antrag auf einstweilige Verfügung gegen den Pressesprecher des Bundesverbandes Druck, Peter Klemm, der in seinem Verbandsorgan geschrieben hatte: „Sollte es nun zum Arbeitskampf kommen, wer entscheidet dann, ob gestreikt wird? Etwa die Mitglieder? Weit gefehlt!“ Weiter schrieb er: „Ferlemann sagte deutlich, was er von einer Urabstimmung unter seinen Mitgliedern hält: Nichts!“ Klemm hatte sich auf eine 1983 geänderte Satzungsbestimmung bezogen, wonach die IG Druck und Papier die Durchführung einer Urabstimmung unter den Mitgliedern vor dem Beginn von Arbeitskampfmaßnahmen von einer Muß– zu einer Kann–Bestimmung verändert hatte. Die jetzt abgegebene eidestattliche Erklärung Ferlemanns kommt einer Selbstverpflichtung der Druckergewerkschaft gleich, im möglicherweise bevorstehenden Arbeitskampf um die 35–Stunden–Woche keine Kampfmaßnahmen ohne zweifelsfreie Legitimation durch die betriebliche Basis einzuleiten. Das notwendige Quorum für den Streik ist in der Satzung mit 75 Prozent festgeschrieben. Dennoch wird die Drupa nicht von ihrer bereits 1984 erprobten Taktik abgehen, Urabstimmungen und Streiks nur punktuell in einzelnen Betrieben oder gar ABteilungen einzusetzen. Weil die Tarifverhandlungen anders als im Metallbereich in der Druckbrance zentral geführt werden, müßte eine flächendeckende Urabstimmung gleich das gesamte Bundesgebiet umfassen. Die Gewerkschaft hatte 1984 noch jedes betriebliche Einzelergebnis bekanntgegeben und sich der Kritik der Öffenlichkeit ausgesetzt, weil sie vereinzelt auch solche Betriebe in den Streik gerufen hatte, die die erforderliche 75prozentige Zustimmung nicht erreicht hatten. Diesmal will die Drupa, sollte es zum Streik kommen, zentral auszählen. Entscheidend ist dann das durchschnittliche Ergebnis aller Einzelabstimmungen, was nach Ansicht einzelner Manipulationen erleichtert. Die Druckarbeitgeber haben sich inzwischen von einem Gutachter, dem Arbeitsrechtler Prof. Herbert Buchner, bestätigen lassen, daß Betriebsbesetzungen kein zugelassenes Arbeitskampfmittel seien.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen