Plakataktion gegen Abtreibung

■ Katholische Kirche heizt in Nürnberg die Diskussion um den §218 an / Hundertfach vergrößerter Embryo als „sachlicher Beitrag“ zur Abtreibungsdiskussion / Gegenaktionen von Frauen

Aus Nürnberg Bernd Siegler

Die Abtreibungsgegner in Nürnberg machen mobil. 28.000 DM läßt sich die Katholische Stadtkirche eine Plakataktion kosten, mit der sie nach eigenen Angaben darstellen will, daß „ein Embryo schon eigenständiges menschliches Leben ist“. Der „sachliche Beitrag zur Abtreibungsdiskussion“ (Dekan Kellerer) besteht in der Abbildung eines über hundertfach vergrößerten etwa drei Monate alten Embryos, über dem in großen Lettern die Zeile „Ich will leben“ prangt. Der „sachliche Beitrag“ auf 100 Großwerbeflächen fällt in Nürnberg zeitgleich mit dem Beginn des Mammutverfahrens gegen einer Frauenarzt wegen 96–facher illegaler und medizinisch fahrlässig durchgeführter Abtreibung zusammen. Zudem steckt der katholischen Kirche, der örtlichen CSU und der bayerischen Staatsregierung noch die Niederlage von Mitte Februar in den Knochen. Damals hatte die Stadt Nürnberg sogar entgegen rechtsaufsichtlicher Anweisung zwei Chefärzte für die Nürnberger Frauenklinik berufen, die sich prinzipiell zur Durchführung von Abtreibungen gemäß gesetzlicher Richtlinien bereiterklärt hatten. Genau dagegen zielt die Plakataktion. „Das Selbstbestimmungsrecht der Frauen ist dem Lebensrecht untergeordnet“ betont Caritas–Direktor Dr. Holzbauer. Stadtkirchen–Pressesprecher Wilhelmi kündigte an, man werde die Tätigkeit der beiden neuen Chefärzte sehr genau beobachten. Das Nürnberger Frauenbündnis und die Frauenprojekte fordern von der Kirche eine öffentliche Entschuldigung für die Plakate. In einer Blitzaktion wurden fast alle Plakate in Nürnberg übersprüht, beschädigt oder mit Banderolen „Weg mit dem §218“ beklebt. Dabei wurden drei Frauen vorläufig festgenommen. Die Kirche erwägt nun, Strafanzeige wegen Sachbeschädigung zu stellen, und ließ Plakate nachdrucken.