Ein Flughafen für Libanon–Christen?

■ Reise ins moslemische Westbeirut ist vielen zu gefährlich / Straße im Christengebiet soll zur Landepiste ausgebaut werden / Moslemische Politiker sehen einen Schritt zur Teilung des Landes

Beirut (taz) - Noch in dieser Woche sollte der internationale Flughafen von Beirut (AIB) wieder er öffnet werden - zum zweiten Mal in diesem Jahr. Bis Freitag war allerdings noch keine Zusage des Londoner Versicherungsunternehmens Lloyds eingetroffen, den Betrieb wieder zu versichern. Im Februar hatte die libanesische Fluggesellschaft Middle– East–Airlines (MEA), die Beirut als einzige noch anflog, den Verkehr einstellen müssen. Lloyds hatte jede weitere Versicherung abgelehnt, weil die Intrabank, mit einem 58 Prozent–Anteil Hauptaktionär der MEA, den im hauptsächlich von Moslems bewohnten Westteil der libanesischen Hauptstadt gelegenen Flughafen vorerst nicht mehr benutzen will. Die Forces Libanaises, Miliz der christlichen Phalange–Partei, hatten damals gedroht, den Flughafen zu bombardieren. Bereits im Januar dieses Jahres mußte der Flughafen geschlossen werden, weil das Gelände von den östlich von Beirut gelegenen Bergen aus unter Beschuß schwerer Artillerie genommen worden war. Auf die Ankündigung Premierminister Karamehs, den AIB in dieser Woche wieder zu eröffnen, reagierten die Forces Libanaises mit einer unverholenen Drohung und warnten, die MEA habe in diesem Jahr schon genügend Verluste einstecken müssen, der Flughafen sei nicht sicher. „Entweder ist die MEA für alle Libanesen da, oder für keinen“, lautet die Parole der Phalange. Die Bewohner des Beiruter Ostens und des christlichen Hinterlandes hatten jahrelang die Demarkationslinie zwischen Ost– und Westbeirut überqueren müssen, wenn sie das Land per Flugzeug verlassen wollten. Seit Februar 1984, als die Amal die Herrschaft in Westbeirut an sich gerissen hatte, zogen es die meisten Christen vor, per Schiff nach Zypern zu fahren und dort das Flugzeug zu besteigen. Überfälle und Entführungen bei den Passagen von Ost nach West sowie entlang der Zufahrtstraße zum Flughafen hatten sich gehäuft das auch Flughafengelände wurden von den Milizen beherrscht. Die libanesische Armee, von der Schiitenmiliz aus dem Westen der Hauptstadt vertrieben, konnte den AIB nicht mehr anfliegen. Die sieben Flugzeuge der libanesischen Luftwaffe benutzen seither die Piste von Halat, einem idyllischen Feriendörfchen ca. 35 km nördlich Beiruts im christlichen Hinterland. Die gut zwei Kilometer lange Piste ist nichts weiter als ein vierspuriges Straßenstück, ein gesperrter Teil der Küstenstraße zwischen Beirut und der nordlibanesischen Hafenstadt Tripoli. Jetzt fordern die Politiker der Phalange, sie als Flughafen auch für den zivilen Luftverkehr zu öffnen, um jenen Libanesen Flugreisen zu ermöglichen, die den Weg nach Westbeirut scheuen. Ein verständliches Anliegen eigentlich, doch die moslemischen Oppositionspolitiker Libanons gingen umgehend auf die Barrikaden. Die Eröffnung eines zweiten Flughafens in christlichem Herrschaftsgebiet sei nur ein Schritt im großen politischen Projekt der Phalange, der Teilung des Libanon. Außerdem, so schoben sie nach, entspreche die Piste von Halat absolut nicht den Bestimmungen der IATA und sei so kurz, daß nur kleine Jets sie benutzen könnten, die die MEA nicht besitze, sondern erst beschaffen müßte. Und sie kritisierten aufs Heftigste, daß nun maronitische Geschäftsleute und Politiker finanzielle Vorteile aus der Eröffnung eines zweiten Flughafens ziehen könnten. Außerdem habe jetzt die syrische Armee den Flughafen in ihrer Gewalt und sorge für Ordnung. Im Rahmen des syrischen Sicherheitsplanes für ein wiedervereinigtes Großbeirut könne es nur einen AIB geben. Mittlerweile deutet sich ein Kompromiß im Flughafenstreit an. Ein Vorschlag von Drusenchef Jumblatt, der zugleich Minister für öffentliche Transporte ist, sieht vor, daß die Christen ihren Flugplatz in Halat unter der Bedingung erhalten, daß er, wie auch der AIB, seinem Ministerium unterstellt wird. Petra Groll