Washington: Brasilien will Schulden–Umwandlung

■ IWF–Tagung: Mexiko–Umschuldung in Gefahr / Japan–Konflikt schwelt weiter

Von Ulli Kulke

Mit einem Appell an ihre Gläubigerstaaten auf teilweisen Schuldenerlaß und eine gemeinsame Kommission der Industrie– und Entwicklungsländer zur Lösung der Schuldenprobleme gehen die verschuldeten Länder der Dritten Welt in die heutige Tagung des Entwicklungsausschusses von Weltbank und Internationalem Währungsfonds (IWF). Am Rande der Interimstagung beider Organisationen in Washington hatten sich am Mittwoch - wie üblich - die Delegierten der „Gruppe der 24“ (Entwicklungsländer) zusammengesetzt, um ihre Forderungen an die Gläubigerbanken und -regierungen zu richten. Das Verlangen nach einer gemeinsamen Kommission stößt dabei besonders auf Widerstand der industrialisierten Länder, die nach wie vor mit jedem Schuldnerland einzeln verhandeln wollen. Als einen denkbaren neuen Weg schlug die Gruppe der 24 die Umwandlung von Schulden in Kapitalbeteiligungen vor. Damit stellte sie sich in gewisser Weise hinter das derzeitige Sorgenkind Nr.1 der Schuldenszenerie: Brasilien, das seit Wochen die Zinszahlungen an die Gläubigerbanken eingestellt hat, weigerte sich hartnäckig bis heute, der Forderung nach einem konkreten Programm für die Stabilisierung seiner Wirtschaft nachzukommen. Die Industriestaaten hatten dies zur Bedingung für weitere Finanzhilfen gemacht, die man trotz des zeitweisen Zinsboykotts leisten wollte. Auch weigerte sich Brasiliens Finanzminister Funaro, mit einem gewünschten „symbolischen“ Betrag die Zinszahlungen wieder aufzunehmen. Stattdessen präsentiert er dem Entwicklungsausschuß eine Sonderkommission der brasilianischen Regierung. Sie soll ab sofort mit den Gläubigerbanken neue Konditionen für die Auslandsschulden aushandeln. Außerdem regte Funaro erneut die Umwandlung der Verbindlichkeiten in brasilianische Unternehmensbeteiligungen an. Diese sollten entweder von den Banken selbst getätigt werden oder von den Unternehmen, die den Banken die unsicheren Forderungen mit Abschlag abgekauft haben. In Washington wurde jetzt auch bekannt, daß die Umschuldung Mexikos, die mit 450 internationalen Banken vereinbart worden war, wieder in Gefahr ist. Britische Banken weigern sich, ihren vollen zugesagten Beitrag zur Umschuldung zu leisten, weil einige andere, die in früheren Jahren Kredite an Mexiko vergeben hatten, jetzt nicht mitziehen wollen. Diese seien - weil Mexiko durch die Umschuldung weiter zahlungsfähig bleibt - die eigentlichen Nutznießer der Umschuldung, ohne daß sie zu neuem Engagement zugunsten Mexikos bereit seien, argumentieren die Briten. Bei den kritisierten Banken handelt es sich vor allem um US–amerikanische. So ist z.B. die von Amts wegen kurz vor der Pleite gerettete Continental Illinois zu weiteren Mexiko–Krediten nicht bereit. Sonderprogramm Afrika Es wird erwartet, daß der Entwicklungsausschuß ein Programm zur vorübergehenden Erleichterung der Zinslast für die afrikanischen Schuldnerländer anpeilen wird. In eine ähnliche Stoßrichtung gingen die Beratungen der EG–Finanzminister, die sich zur Abstimmung auf eine gemeinsame Position für die Washingtoner Tagung am vergangenen Wochenende im belgischen Knokke getroffen hatten. Auch der „Pariser Klub“, in dem die Regierungen der Gläubigerstaaten zusammengeschlossen sind, legte dazu in Washington Vorschläge auf den Tisch: Die Kredite sollten für 15 bis 20 Jahre umgeschuldet, die Zinsen um einen Prozentpunkt gesenkt und die tilgungsfreie Zeit auf bis zu zehn Jahre ausgedehnt werden. In ihren Problemen untereinander kamen die wichtigsten Industrieländer in Washington keinen Schritt weiter. In einer Erklärung der G–5–Gruppe (USA, Japan, Großbritannien, Frankreich und BRD) konnte man sich nur darauf einigen, den Dollarkurs zu stabilisieren, ohne darauf einzugehen, daß eine ähnliche Vereinbarung vom 22. Februar keinerlei Erfolg zeitigte. Der Handelskonflikt um Japans Halbleiterexporte in die USA blieb ebenso ausgeklammert wie die Beschwerde Großbritanniens, Japan lasse keine britischen Telekommunikations–Einrichtungen ins Land.