Tägliche Proteste in der Westbank

■ Unterstützung für Hungerstreik palästinensischer politischer Häftlinge in israelischen Gefängnissen / Völlig überfüllte Gefängnisse / Verbesserung der Haftbedingungen gefordert

Aus Tel Aviv Amos Wollin

Seit einer Woche sind Ostjerusalem und die israelisch besetzten Gebiete immer wieder Schauplätze von Streiks und Demonstrationen, die zur Unterstützung eines Hungerstreiks palästinensischer politischer Häftlinge durchgeführt werden. Am Donnerstag verhängten die Besatzungsbehörden eine Ausgangssperre über mehrere arabische Städte und nahmen Demonstranten fest, die Steine auf Fahrzeuge geworfen haben sollen. Einen Tag vorher war das Geschäftsleben in Ostjerusalem lahmgelegt und am Montag hatten Grenzpolizei und Besatzungskräfte einem vor zwei Wochen begonnenen Sit–In von rund 250 palästinensischen Frauen und Schülerinnen ein Ende bereitet. Zuvor war den Frauen zugesichert worden, ungehindert und unter dem Schutz von Mitarbeitern des Roten Kreuzes abziehen zu können, ohne daß es zu Festnahmen kommen sollte. Die Hungerstreikenden - nach palästinensischen Angaben 4.000, nach israelischen 1.200 - fordern mit ihrer Aktion bessere Haftbedingungen in den völlig überfüllten Gefängnissen und eine Lockerung der Besuchsregelungen. Bisher sollen 30 Hungerstreikende in Krankenhäuser eingeliefert worden sein. Die Aktion läuft seit dem 25. März. Rechtsanwalt Walid Fahoum, der zugleich der Sekretär des in Nazareth ansässigen „Komitees für die Verteidigung von Gefangenen“ ist, geht davon aus, daß die israelischen Gefängnisverwaltungen versuchen, „das kollektive Bewußtsein der palästinensischen Gefangenen zu brechen, indem sie ihre Vertreter nicht anerkennen“. Die Überfüllung der Haftanstalten habe die Situation unerträglich gemacht. In dem Gefängnis von Jenin in der Westbank habe ein Gefangener noch nicht einmal einen Quadratmeter Raum zur Verfügung. „Das Komitee für die Verteidigung der Gefangenen hat Dutzende von Beschwerdebriefen an die Gefängnisverwaltungen geschickt, aber nicht eines dieser Schreiben ist wenigstens formal beantwortet worden“, beklagt sich der Anwalt. Die palästinensische Zeitung Al Fajr verwies kürzlich in einem Leitartikel darauf, daß sich die Situation in den Gefängnissen innerhalb der letzten zwei Jahre drastisch verschlechtert habe, insbesondere seit General David Maimon die Leitung der Gefängnisse übernommen habe. Die Leitung verwies darauf, daß Mitglieder eines jüdischen Untergrundnetzes, die palästinensische Studenten getötet hatten, ein komfortables Leben im Gefängnis führten und sogar an Feiertagen Hafturlaub erhielten. Daher sei es Heuchelei, wenn die Gefängnisverwaltung die Forderungen der Hungerstreikenden ablehne. Ehemalige Gefangene klagen über unzureichende Ernährung und medizinische Behandlung, Schläge und Kollektivstrafen. Die Gefangenen fordern neben allgemeiner Verbesserung der Haftbedingungen die Abschaffung eines doppelten Trenngitters bei Besuchen und die Erlaubnis, Bücher oder Zeitungen zu erhalten.