Hamburgs SPD „auf Messers Schneide“

■ Auf dem Wahlparteitag hat die SPD erneut Dohnanyi als Spitzenkandidaten nominiert / Widerspruch bei Koalitionspräferenz für FDP / Hauptangriffsobjekte waren CDU und GAL / Sorge um enttäuschte Nichtwähler

Von Tom Janssen

Hamburg (taz) - Zur letzten Schlacht rüstete sich am Samstag Hamburgs marode SPD, um zu verhindern, daß nach dem 17. Mai auch in der Elbstadt eine CDU/FDP–Regierung zustande kommt. So erklärte Bürgermeister Klaus von Dohnanyi in einer kämpferischen Rede: „Hamburg befindet sich an einer Wegscheide, die Entscheidung steht auf Messers Schneide.“ Die Wendeapokalypse beschwor auch SPD–Geschäftsführer Peter Glotz: Nach einem Fall Hamburgs hätte die CDU/FDP im Bundesrat eine zwei Drittel Mehrheit, und das wäre „eine Sammelfahrkarte in die falsche Richtung“. Sowohl Dohnanyi als auch Glotz und andere Sozialdemokraten betonten wiederholt den „eigenen, sozialdemokratischen Charakter“ des Wahlkampfes und sprachen sich gegen Koalitionsaussagen aus. „Hamburg ist nicht Hessen und Rot–Grün keine Alternative“, bügelte der Bürgermeister die Wünsche des linken Flügels seiner Partei ab. Vielmehr ginge es nun um die Stammwähler und diejenigen, die am 9. November 1986 zu Hause geblieben waren und den fast 40 Jahre in Hamburg regierenden Sozialdemokraten mit rund zehn Prozent Verlust die „Hamburger Verhältnisse“ beschert hätten. Knapp ein Drittel der rund 350 SPD–Delegierten stimmten gegen die Strategie Dohnanyis, sollte es denn zur absoluten Mehrheit nicht reichen, mit der FDP die sozialliberale Koalition neu zu beleben. Innerparteiliche Kritiker wiesen auf die Absurdität hin, die Wende bekämpfen zu wollen und gleichzeitig gegen alle bisherigen Aussagen eine Koalitionspräferenz für die FDP auszusprechen. Erschwerend komme noch hinzu, daß Hamburgs Liberale am Wochende zuvor stramm rechts mit einem reinen Wirtschaftsblock in den Wahlkampf zögen. Trotz dieser Kritik stimmten bei der anschließenden Wahlkonferenz 292 von 310 Delegierten bei einer Nein–Stimme und 17 Enthaltungen für den alten und neuen Spitzenkandidaten Klaus von Dohnanyi. Für den politischen Gegner gab es auf dem Parteitag heftige propagandistische Schelte. Kein Wort der Selbstkritik allerdings über die vier Monate währenden „Hamburger Verhältnisse“, in denen Dohnanyi immerhin versuchte, seine Partei in eine große Koalition zu zwingen. Neben der CDU war die GAL Hauptobjekt der Beschimpfungen: „Jede Stimme für die GAL ist eine Stimme ins Abseits und für einen CDU–Bürgermeister“, warnte Dohnanyi. Weiter warf er den Grün–Alternativen vor, im Parlament als „Sperrblock gegen Reformpolitik“ agiert zu haben. Die Verabschiedung des Wahlaufrufs, den der Landesvorstand einige Tage zuvor beschlossen hatte, war denn reine Formsache. Er zielt eindeutig auf Stammwähler und auf die aus Enttäuschung über sozialdemokratische Politik bei der letzten Wahl zu Hause gebliebenen Nicht–Wähler. Die Ungeduld, nun endlich in den Wahlkampf zu ziehen, war deutlich: „Was quatschen wir hier noch rum, nun gehts raus auf die Straße.“ Perschau ist CDU–Spitzenkandidat Hamburg (ap) - Die Hamburger CDU hat sich am Samstag auf ihrer Vertreterversammlung geschlossen mit 191 von 192 abgegebenen Stimmen zu Hartmut Perschau als ihrem Spitzenkandidaten für die Wahlen zur Bürgerschaft am 17. Mai bekannt.