Blockaden–Prozesse vorerst geplatzt

■ Verfahren gegen Dieter Lattmann verschoben / Befangenheitsantrag im Prozeß gegen Theologieprofessor

Ellwangen/Schwäbisch Gmünd (taz) - Gleich zwei Prozesse im Zusammenhang mit den Mutlanger Blockaden sind am vergangenen Montag geplatzt. Vor dem Amtsgericht Schwäbisch Gmünd mußte ein Prozeß gegen drei Angeklagte, darunter der Schriftsteller und ehemaliges SDP–MdB Dieter Lattmann, verschoben werden, weil der angeblich genötigte US–Soldat nicht mehr auffindbar ist. In Ellwangen ist der Berufungsprozeß gegen den Tübinger Theologieprofessor Norbert Greinacher vertagt worden, nachdem zu Prozeßbeginn der Anwalt Greinachers, Jürgen Meyer, einen Befangenheitsantrag gegen den Vorsitzenden Richter am Landgericht, Klaus Friedrichs, gestellt hat. Friedrichs hatte am Montag morgen im Prozeß gegen Sonja Flitner, die an derselben Blockade wie Greinacher beteiligt war, die Mutlanger Blockade als „zentral gesteuert“ bezeichnet und dies als Hauptargument für die Verurteilung des Angeklagten (600 DM) herangezogen. Meyer nahm diese „wahrheitswidrige Tatsachenbehauptung“ Friedrichs zum Anlaß für seinen Befangenheitsantrag, der schließlich nach mehr als dreieinhalbstündiger Beratung abgelehnt wurde. Die Äußerung Friedrichs sei in einem anderen Verfahren gefallen und somit für den Prozeß gegen Greinacher nicht relevant. Zum anderen habe Friedrichs nur zum Ausdruck bringen wollen, daß sich die Angeklagte in eine Reihe von Blockaden integriert habe, die von langer Dauer sei. Der Prozeß soll nun in der zweiten Oktoberhälfte unter dem Vorsitz von Klaus Friedrichs fortgesetzt werden: Für die Verteidigung schon vor der eigentlichen Verhandlung ein Revisionsgrund. Werner Jany