Kuschelweiche Wende

■ Die schwarz–gelben Koalitionsverhandlungen in Hessen

Eine „unideologische, sachbezogene und pragmatische Landesregierung“ (Kanther) - also eine langweilige - steht den Hessen ins Haus. Nicht überfallartig, denn das könnte Widerstände provozieren und der Opposition innerhalb und außerhalb des Landtages unerwünschte Möglichkeiten der Profilierung eröffnen, sondern gemächlich und zähflüsssig werden die neuen Machthaber in Wiesbaden ihre Programmatik über dem eroberten Bundesland ausgießen. Mit einem mutig–trotzigen: „Die sollen bloß kommen“ wird es dann nicht getan sein, denn im nahezu lautlosen Umkrempeln von Verhältnissen ist Walter Wallmann Fachmann. Für seine jahrelange Umbauarbeit in Frankfurt konnte der frühere Oberbürgermeister seinerzeit regelmäßig die Belohnungen vom Konto der Wählerbank abbuchen. Ob nun irgendwann einem Frauenprojekt die finanzielle Grundlage entzogen oder einer Pro–Familia–Beratungsstelle das Lebenslicht ausgeblasen wird, sind dann punktuelle Ereignisse, die allenfalls noch die direkt Betroffenen in Rage versetzen und kleine Anfragen der Oppositionsparteien provozieren werden. Die Sehnsucht danach, ordentlich, ruhig und sicher regiert zu werden - Umfragen zufolge sollen ja 61 % der Bevölkerung Ordnung und Sicherheit als „zentralen Wert“ bezeichnet haben - wird von Wallmann und Gerhard mit Sicherheit befriedigt werden. Wenn das bisher so lebendige Hessenland nicht in einen rheinland–pfälzischen Dornröschenschlaf aus Mittelmäßigkeit und politischer Stammtischgemütlichkeit verfallen soll, müssen alle Oppositionskräfte auf hohem Niveau an einem Strang ziehen. Wallmann und Kameraden sollten in den kommenden vier Jahren ständig den heißen Atem der Verfolger im Nacken spüren. Klaus–Peter Klingelschmitt