I N T E R V I E W „Regionale Strukturen schaffen

■ Ostern finden in Frankfurt die Libertären Tage statt / Perspektiven des Widerstands sollen entwickelt werden / Ein Gespräch mit Mitgliedern der Vorbereitungsgruppe

taz: In eurem Vorbereitungsreader gibt es mehrere Papiere, die sich mit Militanz und Widerstand, auch mit dem Verhältnis zur RAF beschäftigen. Wird das ein wesentliches Thema eures Kongresses werden? In der Arbeitsgruppe soziale Bewegungen wird das sicher im Zentrum stehen, wobei wir hoffen, daß die Auseinandersetzung mit der RAF eher nur am Rande stattfinden wird, weil wir deren Praxis und Reaktion auf die sozialen Verhältnisse hierzulande mehr als Beispiel aufgeführt haben. Wir haben das also eher benutzt, um unsere andere, libertäre Sicht der Dinge klar zu machen. Genauso hätten wir auch die grüne Rangehensweise als Beispiel nehmen können, um daraus dann unsere Vorstellungen zu entwickeln. Gibt es denn eine verbindliche „libertäre Sichtweise“? Zwischen der anarchosyndikalistischen FAU und den autonomen Gruppen sehe ich eigentlich recht wenig Gemeinsamkeiten. Richtig ist sicher, daß es über politische Ziele und Wege dorthin an vielen Punkten unterschiedliche Ansichten gibt. Es gibt aber auch viele Gemeinsamkeiten. Z.B. in der Gewaltfrage, wo wir den Einsatz nicht an der Frage der Legalität oder an irgendwelchen prinzipiellen Erwägungen festmachen, sondern wo wir die soziale Realität zum Ausgangspunkt nehmen, um zu fragen, was sinnvoll ist und was nicht, und wo dann Flugblattverteilen, Veranstaltungen organisieren, militante Aktionen oder Sabotage einen gleich wichtigen Stellenwert für eine radikale Politik bekommen können. Euer Kongreß wird ja wohl nicht in der Verabschiedung einer Resolution enden. Was soll eurer Meinung nach am Ende herauskommen? Auf keinen Fall wollen wir allgemeine Überlegungen über Möglichkeit und Unmöglichkeit von Revolutionen anstellen. Bei uns aus dem autonomen Spektrum gibt es so die Zielvorstellung, daß das, was an Bewegung läuft, ergänzt werden muß durch Strukturen, die über die zufälligen Zusa Auf und Ab der letzten Jahre. Geht ihr da nicht den gleichen Weg wie in den 70ern, als die APO die K–Gruppen aufgebaut hat? Das wäre sicher eine interessante Diskussion, die auf dem Treffen geführt werden muß. Grundsätzlich muß man dazu sagen, daß die Autonomen, aber auch die anarchistischen Gruppen ja nichts gegen Organisierung an sich haben und hatten, sondern etwas gegen die hierarchische Organisierung, und da müßte eben kein hierarchisches, sondern eine Art Delegierten– oder Rätesystem geschaffen werden, das den Gruppen vor Ort natürlich volle Entscheidungsfreiheit beläßt. Und die Libertären Tage jetzt sind ein erster Versuch, solche Strukturen zu beleben? Das hängt natürlich entscheidend von den Diskussionen und von den Leuten ab. Das können wir als Vorbereitungsgruppe nicht vorbestimmen. Beim letzten Kongreß, der in Frankfurt stattfinden sollte, beim antiimperialistischen Widerstandskongreß, gab es ziemliche Probleme mit Stadtverwaltung und Polizei. Habt ihr die auch? Die Fachochschule hatte uns erst als Asta– Gruppe einen Überlassungsvertrag gegeben, den der neue Fachhochschulrektor sofort in einen Mietvertrag umgewandelt hat, so daß wir jetzt halt Miete zahlen müssen. Aber ansonsten hat es noch keine Schwierigkeiten gegeben. Die Ergebnisse der Hessen–Wahl haben sich also noch nicht ausgewirkt. Das Gespräch führte Oliver Tolmein