Rüstungsproduktion in Essen

■ Die Ruhrmetropole verdient auch heute noch kräftig an der Rüstung / Traditionsgewerbe ungebrochen

Bochum (taz) - Am 30.11.83 beschloß der Stadtrat der „Ruhrmetropole“ Essen eine Erklärung gegen ein „weiteres Wettrüsten in Ost und West und zur Sicherung der Friedens“. Der Rat forderte damals den Deutschen Bundestag auf, „durch Verhandlung die weitere Stationierung von atomaren, biologischen und chemischen Massenvernichtungsmitteln zu verhindern“. In der Ablehnung der „konventionellen“ Waffen tut sich der Stadtrat wohl etwas schwerer, finden sich doch in der „Einkaufsstadt“ gleich vier der 15 größten Rüstungsproduzenten der BRD, stellen Arbeitsplätze und tragen mit Gewerbesteuerzahlungen zur Blüte der Stadt bei. Die Grün–Alternative Liste (GAL) legt dazu in ihrer Broschüre „Militarisierung in Essen“ folgende Daten vor: Die AEG (mit Hauptsitz in Frankfurt), Deutschlands größter Rüstungsprodu zent, setzt 14 Prozent des Umsatzes mit Kriegsgeräteproduktion um. Die Essener Filiale ist zuständig für Anlagentechnik, Fachbereich Flugwesen und Sondertechnik. Siemens, der zweite Waffenriese, macht mit sechs Prozent Rüstungsanteil in der Produktion ebenfalls Milliardengewinne. Siemens in Essen ist zuständig für Maschinenreparaturen bei der Bundeswehr. Durch Beteiligungen an Messerschmitt–Bölkow Blohm (MBB) und der Blohm & Voss AG, die fast ausschließlich Waffentechnik liefert, ist Siemens weiter an Rüstungsfabrikation und an Rüstungsprofiten beteiligt. Die Thyssen–Industrie Essen ist die zwölftgrößte Rüstungsfirma in der BRD, produziert Panzer, Panzerbauteile und verdient über eine Beteiligung an der Herstellung des „Leopard II“ mit. Da fehlt doch nur noch die Friedrich Krupp AG, die Essen einst „zur Waffenschmiede des Reiches“ gemacht hat. In Essen werden Getriebe für schwergepanzerte Fahrzeuge hergestellt und bei der Krupp Widia Geschoßmatritzen für die Munitionsfabrik Dynamit Nobel in Troisdorf. Die übrige Rüstungsproduktion der Firma Krupp findet weitgehend nicht mehr in Essen statt, sondern bei der Krupp MAK Maschinenbau in Kiel und bei Krupp Atlas Elektronik in Bremen. Diese hundertprozentigen Töchter der Essener Krupp AG führen die Tradition des Unternehmens fort. Außer diesen vier Rüstungsriesen hat die GAL weitere elf Kriegsgerät herstellende Firmen in ihrer Stadt aufgelistet. Die Kapitel „militärische Einrichtungen, Zivilschutz, Bunkerbau (wie die Bundesbahn unter dem Essener Hauptbahnhof für den 3. Weltkrieg vorsorgt, vertiefen den Eindruck, daß in Essen immer noch so manche Mark mit der Rüstungsproduktion verdient wird. Corinna Kawaters