Wahl in Indonesien: Sieg für Suharto sicher

■ Bei den Parlamentswahlen in Indonesien wird eine sichere Mehrheit für die Regierungspartei GOLKAR erwartet / Auch Armeeführung wünscht Sieg von Ex–General Suharto, aber „keinen allzu überwältigenden“ / Neue Oppositionspartei IDP erhält Zulauf von Jugendlichen

Von Keith Richburg

Jakarta (wps) - Wenn die Wähler der mit 165 Millionen Menschen fünftgrößten Nation der Erde Morgen zu den Urnen gehen, um 400 der 500 Mitglieder der Nationalversammlung zu wählen, steht das Ergebnis schon fest: Die Regierungspartei GOLKAR, politischer Flügel der Streitkräfte, die schon 1977 und 1982 über 60 Prozent der Stimmen gewann, wird wieder mit großer Mehrheit siegen. Trotzdem sind die Wahlen (übrigens erst die fünften seit der Unabhängigkeit) die Interessantesten seit langem. Eine neue Oppositionspartei, die sich jedoch nicht so nennen darf, gewinnt rapide an Boden. Vor allem unter Jugendlichen wächst das Bedürfnis nach einem politischen Wandel. Die indonesische Staatsphilosophie ist auf allseitige Harmonie ausgerichtet, und so hat sich die Nationalversammlung seit ihrem Bestehen nie erdreistet, ein Gesetz zu verabschieden, das die Eintracht stören könnte. Ein Fünftel der Mitglieder wird vom Militär ernannt und deshlb war das Parlament bisher weitgehend ein Verein für ältere Staatsmänner, denen man einen ehrenvollen Abgang ermöglichen möchte, von Repräsentanten der Provinzen und Vertrauten des Militärs. Sie tritt alle fünf Jahre zusammen und wählt den Präsidenten. Doch nur zwei Präsidenten regierten das Land seit Ausrufung der Unabhängigkeit. Der Nationalist Sukarno war Präsident von 1949 bis 1967. Ihm folgte nach dem blutigen Militärputsch von 1965 und einer zweijährigen Karenzzeit von Sukarno in den letzten 20 Jahren der autoritäre Putschgeneral Suharto. Zwar zweifeln Beobachter nicht daran, daß Suharto auch noch eine fünfte Amtszeit schafft, doch die Nachfolgediskussion hat begonnen und das Ergebnis wird sich weitgehend in der Wahl des Vize durch die Nationalversammlung niederschlagen. Zumindest drei Kandidaten werden Chancen eingeräumt. Da ist zunächst Staatssekretär Sudharmono (59). Er genießt seit langem Suhartos Vertrauen. Es mangelt ihm jedoch an militärischer Praxis. Während Sudharmono bisher die Arbeit der Ministerien im Auge behält, beherrscht der Stabschef der Streitkräfte, Benny Murdani (54), den politisch militärischen Apparat und ist wahrscheinlich nach dem Präsidenten der mächtigste Mann im Staate. Allerdings ist er weder Javaner noch Muslim - Vorraussetzungen, um in Indonesien Präsidentschaftschancen zu haben. Exzellente Chancen hat Leutnant– General Try Sutrisno (51), ein Ostjavaner aus streng islamischem Milieu und ausgebildet an der Eliteakademie von Bandung. Viele Jahre war er Suhartos persönlicher Adjudant. Damit der Wahlen nun nicht etwa in ein Gegeneinander verschiedener Konzepte ausarten, hat die Regierung den Wahlkampf auf drei Wochen beschränkt. Dissidenten dürfen, sofern sie bekannt und noch am Leben sind, nicht teilnehmen, die Politik der Regierung darf nicht kritisiert werden und die Presse ist ohnehin zensiert. Doch allen Einschränkungen zum Trotz verfolgen die Indonesier die Kampagnen der drei teilnehmenden Parteien mit einer Begeisterung, als handele es sich um einen echten Wettkampf. Umzüge meist junger Wahlkämpfer in offenen Autos hatten überall reichlich Zulauf und klammheimlich hat sich sogar etwas Ähnliches wie eine echte Oppositionspartei herausgebildet: Am vergangenen Freitag, dem letzten Wahlkampftag vor einer staatlich verordneten fünftägigen Denkpause, strömten eine Million Jugendliche zur Abschlußkundgebung der Indonesian Democratic Party (IDP). Natürlich steht auch die IDP verbal fest auf dem Boden der Staatsideologie „Pancasila“ mit den fünf „Säulen“ Glaube an einen Gott, Menschlichkeit, nationale Einheit, Demokratie und soziale Gerechtigkeit und Harmonie. Doch aufgrund der gutorganisierten Maschine der Regierungpartei auf dem Land werden ihr kaum mehr als 12 Prozent der Stimmen zugetraut. Westliche Diplomaten wie auch die regierungsnahe Presse erklärten jedoch, für indonesische Verhältnisse sei allein schon eine so grosse Versammlung einer Nichtregierungspartei etwas sehr Außergewöhnliches. Und das umso mehr, als die in rot gekleideten Anhänger auch noch Portraits des seligen und von Suharto offiziell rehabilitierten Sukarno schwenkten. Die IDP gilt als Sammelbecken nationalistischer Gruppen. Mit Interesse wird registriert, daß sich die Armee angesichts der wachsenden Popularität der IDP betont neutral verhält. Beobachtern zufolge unterstützt sogar ein Teil der Armee eine demokratische Öffnung. Vor allem jüngere Offiziere würden lieber in einem professionellen anstatt einem staatstragend–politisch orientierten Heer dienen, und sogar Oberbefehlshaber Benni Murdani, Nachfolgekandidat Suhartos, soll der GOLKAR zwar „einen Sieg, aber keinen allzu überwältigenden“ gewünscht haben. Im Gegensatz zur IDP hat die zweite Oppositionspartei, die bislang zweitstärkste muslimische United Development Party, in letzter Zeit nach dem Auszug mehrerer Muslimgruppen viel von ihrer Anziehungskraft verloren.