Zweiter Mammut–Prozeß gegen Mafia–Clans in Palermo

Palermo (taz) - Noch zieht sich der erste Super–Prozeß gegen die palermitanische Mafia hin - die Staatsanwälte haben insgesamt 27mal Lebenslänglich, über sechs Jahrtausende Freiheitsentzug und umgerechnet mehrere Millionen DM Geldstrafen gegen die 475 Angeklagten gefordert -, da beginnt im „Aula–Bunker“ der sogenannte „Maxi–Prozeß Zwei“. Angeklagt sind diesesmal „nur“ 80 Personen, die meisten aus der Provinz und nicht aus Palermo, doch sind sie verdächtigt, nicht weniger mordlustig und geldgierig als die palermitanische „Ehrenwerte Gesellschaft“ zu sein. Besondere Aufmerksamkeit gilt in diesem Prozeß weniger den immensen Summen, die die „Familien“ mit erpreßten öffentlichen Aufträgen, Schutzgeldern, Drogen– und Waffenhandel einkassiert haben, sondern ihren Verbindungen mit Politik und putschistischen Kräften. So werden im Zentrum des Verfahrens neben einer Reihe enger Verbindungen mit Finanziers (deren bekanntester, Michele Sindona, voriges Jahr im Gefängnis an Zyankali starb) und Regionalpolitikern die in den frühen siebziger Jahren unternommenen Versuche rechtsextremistischer Kreise stehen, Mafia– Clans dafür zu gewinnen, ihre Killer für Angriffe auf Kasernen und Staatseinrichtungen abzustellen. Nur ein knappes Drittel der Angeklagten jedoch sitzt hinter Gittern; die anderen mußten schon vor Prozeßbeginn freigelassen werden, weil durch die lange Dauer des Ermittlungsverfahrens die zulässige Höchstzeit für die Untersuchungshaft abgelaufen ist. Mit einem Urteil ist nicht vor dem Spätherbst zu rechnen. Werner Raith