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DGB wirbt um soziale Bewegung

■ Einrichtung eines „Kooperationszentrums für Bürgerinitiativen“ in Bonn / Unterstützungsaktionen für kalt Ausgesperrte im Falle eines Arbeitskampfes / Zweites Spitzengespräch in der Metallindustrie bis in die Nacht / Verhandlungen im Druckbereich gescheitert

Von Martin Kempe

Berlin (taz) - Der DGB und die Industriegewerkschaft Metall wollen, sollte es zum Arbeitskampf um die 35–Stunden–Woche kommen, auch die außergewerkschaftliche soziale Bewegung in die Solidaritätskampagne für die von kalter Aussperrung Betroffenen einbeziehen. Gestern nahm im Bonner Regierungsviertel ein „Kooperationszentrum für Bürgerinitiativen“ seine Arbeit auf, das „bei einem möglichen Arbeitskampf in der Metallindustrie die Unterstützungsaktionen fördern und koordinieren soll, die sich die Gewerkschaften aus den verschiedensten gesellschaftlichen Bereichen erhoffen“, heißt es in einer am Dienstag veröffentlichten Erklärung des DGB–Bundesvorstandes. Breit will einen Kreis namhafter Persönlichkeiten aus Wissenschaft, Kultur, Politik und aus den Kirchen um Unterstützung für die Arbeit dieser Bonner DGB–Stelle bitten. Dabei geht es vor allem um Unterstützung für kalt Ausgesperrte, die aufgrund der 1986 von der Bundesregierung durchgesetzten Veränderung des Paragraphen 116 Arbeitsförderungsgesetz keine Unterstützung vom Arbeitsamt erhalten und damit ohne Einkommen sind. Die Initiative zu dem Koordinationsüro geht von der IG Metall aus, die auch einen großen Teil des Personals stellen wird. Leiter des Büros ist der tarifpolitische Experte der IG Metall und ehemalige SDS–Vorsitzende Helmut Schauer, der über gute Kontakte zur außergewerkschaftlichen Linken verfügt. Das Büro ist direkt dem DGB–Vorsitzenden Ernst Breit zugeordnet. Nach Breits Angaben ist zunächst eine Serie von Gesprächen und Diskussionen mit Gruppen, Verbänden und Institutionen geplant. Das Koordnationszentrum solle ein „Haus solidarischer politischer Kultur“ sein. Mit dem Standort des Zentrums im Regierungsviertel will der DGB den politischen Charakter unterstreichen, den er der Auseinandersetzung um die Folgen der Veränderung des Paragraphen 116 Arbeitsförderungsgesetz beimißt. Niemand hoffe, daß die IG Metall in der laufenden Tarifauseinandersetzung zum Arbeitskampf gezwungen werde, betonte Breit. Fortsetzung auf Seite 2 Kommentar auf Seite 4 Aber wenn dies dennoch wegen fehlender Kompromißbereitschaft der Arbeitgeber notwendig werden sollte, werde der DGB dafür sorgen, daß die sozialen Folgen der Aussperrung auch in Bonn hautnah erfahrbar würden. Am Dienstag hieß es in Bad Homburg, man rechne beim Spitzengespräch zwischen IG Metall und Arbeitgeberverband Gesamtmetall mit Verhandlungen bis in die Nacht hinein. Nach wie vor zeichnete sich in der entscheidenden Frage der Arbeitszeitverkürzung kein Kompromiß ab. Die IG Metall hat für heute morgen um zehn Uhr eine außerordentliche Vorstandssitzung einberufen. Auch in der Einbeziehung der Azubis in die Arbeitszeitverkürzung und in der Frage des Ausgleichszeitraums bei unregelmäßig Arbeitszeiten liegt noch Zündstoff. Die Tarifverhandlungen für die Druckindustrie sind am Dienstag in der vierten Runde gescheitert. Die IG Druck und Papier schlug ein Angebot der Arbeitgeber aus, das eine Verkürzung der Wochenarbeitszeit um eine halbe Stunde auf 38 Stunden und eine stufenweise Lohnerhöhung um 3,2 bzw. 1,8 Prozent bis Mitte 1989 vorsah. Der IG–Druck–Vorsitzende Ferlemann bezeichnete das Angebot als „nicht verhandlungsfähig“. Er hat der Tarifkommission der IG Druck empfohlen, die Verhandlungen für gescheitert zu erklären und die Schlichtung anzurufen.

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