Abschied für drei Jahre

■ Der Tarifkompromiß in der Metallindustrie

Der Tarifkompromiß in der Metallindustrie liegt exakt auf der Grenze: Er ist kein Erfolg, aber er erlaubt auch keinen Arbeitskampf. Er ist ernüchternd weit entfernt von den proklamierten Zielen der Gewerkschaft - aber er liegt zu dicht am derzeit Erreichbaren, um noch Spielräume für eine Mobilisierung der Basis zu bieten. Eine solche Mobilisierung aber wäre nötig gewesen, um ein wesentlich besseres Ergebnis durchzusetzen. Die IG Metall ist offensichtlich vor dem Paragraphen 116 Arbeitsförderungsgesetz zurückgewichen. Die Gewerkschaft scheute es, die Verschlechterung der politischen Rahmenbedingungen für Arbeitskämpfe durch politische Mobilisierung aufzufangen. Die verhältnismäßig hohe Flexibilität der Arbeitgeber in der diesjährigen Tarifrunde hat einer offensiven gewerkschaftlichen Strategie in den letzten Wochen zunehmend den Wind aus den Segeln genommen. Mit diesem Abschluß hat die IG Metall sich als eine der wenigen aktionsfähigen Einzelgewerkschaften für drei Jahre aus der gesellschaftspolitischen Auseinandersetzung verabschiedet - drei Jahre, in denen das gedankenlose sozialpolitische Phlegma der Wenderepublik sich weiter ausbreiten und verfestigen wird. Wenn es jetzt nicht möglich war, das Problem Massenarbeitslosigkeit zum Thema einer umfassenden gesellschaftlichen Mobilisierung zu machen: In drei Jahren wird dies erst recht mißlingen. Die nächsten drei Jahre arbeiten gegen die Gewerkschaft. Martin Kempe