Grüne sollen per Geldstrafe büßen

■ 200.000 DM Bußgeld für Vobo–Transparent vor Bundestag / 8.400 DM pro Parlamentarier–Nase

Von Vera Gaserow

Berlin (taz) - Runde 200.000 DM Bußgeld will die Stadt Bonn von der Bundestagsfraktion der Grünen für ein Transparent „Volkszählungsboykott“ kassieren, mit dem die Grünen im Februar in die Bannmeile des Bonner Parlaments gezogen waren. Das Rechtsdezernat ließ 24 grüne Bundestagsabgeordnete wissen, daß Bußgeldbescheide in Höhe von 8.400 DM pro Nase wegen der „Aufforderung zu einer Ordnungswidrigkeit“ herausgegangen seien. Die Grünen werteten die drakonische Höhe dieses ersten Bußgeldverfahrens als einen „eindeutigen Abschreckungsversuch gegenüber den Volkszählungsgegnern“. Sie werden in jedem Fall Einspruch einlegen. Fortsetzung auf Seite 2 Daß man an den grünen Bundestagsabgeordneten ein Exempel in Sachen Volkszählungsboykott statuieren würde, kam nicht überraschend. Die jetzt angekündigte Bußgeldhöhe übersteigt jedoch bei weitem die Erwartungen. Die Stadt Bonn hat sich am Nettomonatslohn von Bundestagsabgeordneten (12.000 DM) orientiert. Auf der juristischen Ebene argumentieren die Grünen, daß es sich bei ihrem Transparent nicht um eine öffentliche Aufforderung, sondern um eine individuelle Meinungsäußerung gehandelt habe, die als Anstiftung zum Boykott nur dann gelten könne, wenn er auch durchgeführt werde. Auch andere Städte treffen offenbar Vorbereitungen für Bußgeldverfahren wegen der Aufforderung zum Volkszählungsboykott. In München laufen derzeit nahezu 20 Verfahren. Auch in Niedersachsen sind die ersten Verfahren eingeleitet worden, darunter eines gegen den Vorsitzenden des Republikanischen Anwältinnen– und Anwaltsvereins, den Berliner Rechtsanwalt Klaus Eschen. Wie das niedersächsische Landesverwaltungsamt dem Anwalt gestern mitteilte sehe man in dessen Interview mit der taz vom 19.2.87 eine Aufforderung zum Boykott. Eschen hatte dort nichts anderes erklärt, als daß er seine Mandanten über die rechtlichen Bedenken und Möglichkeiten gegen die Volkszählung aufklären werde und „die Aufforderung, an der Volkszählung aktiv als Zähler oder als Gezählter mitzuwirken, muß ja nicht befolgt werden.“