I N T E R V I E W „Eine Beteiligung unsererseits ist ausgeschlossen“

■ Balakumar, Sprecher der tamilischen Guerillaorganisation EROS, distanziert sich von den Anschlägen der letzten Tage auf Sri Lanka

taz: Die lankanische Regierung beschuldigt Euch, zusammen mit der LTTE (der größten tamilischen Guerillaorganisation) für den blutigen Bombenanschlag auf dem Busbahnhof von Colombo verantwortlich zu sein. Nach Meldungen der indischen Presseagentur aus Colombo hat EROS das auch zugegeben... Balakumar: Diese Meldung ist ebenso wie die Behauptung der Regierung völlig aus der Luft gegriffen.Eine Beteiligung unsererseits ist ausgeschlossen, wir haben uns bei den Genossen rückversichert. Außerdem kommen unsere Erklärungen immer aus Jaffna oder aus Madras, nie jedoch aus Colombo. Die Regierung macht geltend, daß wir in der Vergangenheit Operationen in Colombo durchgeführt haben. Das stimmt, aber ich betone, daß sie seit 1984 nur auf ökonomische Ziele ausgerichtet waren, niemals auf zivile. Nur aufgrund tragischer unvorhersehbarer Umstände gab es bei zweien dieser Operationen trotzdem Tote unter der Zivilbevölkerung. Daraufhin haben wir diese Art von Aktionen gestoppt. Die Gegend, in der die Bombe explodierte, hat übrigens einen sehr hohen Anteil an tamilischer Bevölkerung. Es muß also dort auch viele tamilische Opfer gegeben haben. Verschiedene Guerillaorganisationen sollen Sprengstoff von der indischen Regierung erhalten haben. Wofür verwendet ihr ihn? Wir haben Indien darum gebeten, aber leider weder Sprengstoff noch Waffen erhalten. Dank diverser Schlupflöcher kommen wir trotzdem an das Zeug ran, und Sprengstoff ist angesichts unserer begrenzten finanziellen Ressourcen eine ein fache, effektive und billige Technik für eine Guerillabewegung, die einen überlegenen Feind bekämpft. Wer steht hinter dem Anschlag? Viele Möglichkeiten sind offen. In Colombo wird gesagt, daß es Unruhe im Militär gibt, vielleicht sogar die Möglichkeit eines Coups. Premier Premadasa (ein Rechtsaußen im Kabinett) ist nicht sehr glücklich über die Aktivitäten von Präsident Jayewardene. Sowohl Premadasa als auch das Militär unterhalten Kontakte zur JVP. Diese kleine singhalesische Partei, die in den 70er Jahren noch einen Jugendaufstand von links gegen die damalige Regierung Bandaranaike anführte, sind inzwischen auf einen militant antiindischen und antitamilischen Kurs umgeschwenkt. Sie behaupten, die Regierung würde das Land an die Tamilen ausverkaufen. Kürzlich hat die JVP über das Militär Waffen und Sprengstoff bekommen. Ein weiterer blutiger Anschlag auf die Zivilbevölkerung aus der vergangenen Woche wird der LTTE zugeschrieben. Während andere tamilische Gruppen die „Tigers“ deswegen kritisiert haben, sagt man, EROS bleibe loyal... Wir haben alle Angriffe der LTTE auf die Zivilbevölkerung oder andere tamilische Gruppen verurteilt, aber der größte Feind ist das faschistische lankanische Regime. Andere Organisationen sind durch ihr Konkurrenzverhalten in die Falle der LTTE gegangen. Das versuchen wir zu vermeiden. Wir halten eine bestimmte Kooperation mit der LTTE aufrecht, obschon unsere ökonomischen und militärischen Programme völlig unterschiedlich sind. Wird Sri Lanka ein zweiter Libanon? Die Ereignisse scheinen auf ein Desaster hinzuführen. Wir müssen einen Weg finden, diese Art von blutiger Politik zu stoppen. Die faschistischen Tendenzen sind auf beiden Seiten sehr stark, der Extremismus greift auch auf unserer Seite um sich. Es ist eine tragische Situation. die Regierung hat uns diese Entwicklung aufgezwungen, wir hoffen , daß sie jetzt doch Neu Delhi einschalten wird, um eine Lösung zu finden. Die andere Möglichkeit ist der Bürgerkrieg. Interview: Biggi Wolff/Madras