Die PLO auf dem Weg zum Frieden

■ Palästinensisches Exilparlament für internationale Nahostkonferenz / Geteiltes Echo

Die Palästinensische Befreiungsbewegung PLO ist aus der jüngsten Sitzung ihres Exilparlaments (PNC) in Algier geeint und gestärkt hervorgegangen. Mit der Wiederwahl von Yasser Arafat zum Vorsitzenden des PLO–Exekutivkomitees ging die Tagung in der Nacht zum Sonntag zu Ende, ohne daß es in letzter Minute erneut zum Bruch zwischen den verschiedenen Palästinenser–Parteien um die Frage der Beziehungen zu Ägypten gekommen wäre. Beherrschendes Thema der Sitzung waren die Friedensperspektiven im Nahen Oten. Hier hat die PLO in Algier neue Pflöcke gesetzt, die im Rest der Welt höchst unterschiedlich aufgenommen werden.

Auf der 18. Sitzung des Palästinensischen Nationalrats in Algier ist es Yasser Arafat gelungen, die Befreiungsbewegung unter seiner Führung wieder zu vereinigen, seine gemäßigte Sichtweise durchzusetzen und die Unabhängigkeit der PLO, unerläßliche Gesprächspartnerin bei möglichen Nahost–Friedensverhandlungen, zu bekräftigen. Noch vor kurzem war der alte und neue PLO–Chef ein umstrittener Führer. Die Rückkehr der Volksfront von George Habasch und der Demokratischen Front von Najef Hawathmeh nach vierjähriger Spaltung sowie die Aufnahme der Kommunistischen Partei dürfen nicht als Radikalisierung der PLO mißverstanden werden. Vielmehr handelt es sich um eine politische Neuausrichtung, die durch sowjetische Vermittlungsbemühungen ermöglicht wurde, denn Moskau unterhält gute Beziehungen zu den drei erwähnten Parteien. Der UdSSR, die sich immer gegen die Spaltung der PLO ausgesprochen hatte, war in letzter Zeit besonders an einer Wiedervereinigung gelegen, da sie den Vorschlag einer Nahost– Konferenz aktiv unterstützt. Die Überwindung der Spaltung der PLO signalisiert zugleich das Scheitern Syriens, das der palästinensischen Dachorganisation seinen Willen aufzwingen wollte und gegenüber dem Friedensprozeß eine Obstruktionspolitik betrieb. Vor diesem Hintergrund gewinnt der Besuch des syrischen Staatschefs Assad in Moskau besondere Bedeutung. Am Samstag verpflichtete er sich laut TASS, auf einen stärkeren Zusammenhalt der arabischen Staaten und der palästinensischen Bewegung hinzuwirken und seine Bemühungen um eine Nah–Ost–Konferenz zu intensivieren. Man darf also auf die weitere Entwicklung gespannt sein. Die Opponenten Arafats waren in den letzten Jahren in Damaskus ansässig gewesen. Und die Grundlage für die Rückkehr der drei Parteien in den Schoß der PLO war in der gemeinsamen Verteidigung der palästinensischen Flüchtlingslager im Libanon gegen die schiitischen Amal–Milizen, Verbündete Syriens, gelegt worden. Der Ton, der die Debatten in Algier beherrschte, war ausgesprochen maßvoll. Vorrangiges Thema war der Vorschlag einer Nah–Ost–Friedenskonferenz. Immer wieder ergriffen Delegierte das Wort, die diese Idee unterstützten. In diesem Zusammenhang ist die neuerliche Ablehnung der umstrittenen UNO–Resolution 242, deren Anerkennung häufig von der PLO gefodert wurde, kein Zeichen einer Verhärtung der Positionen. In der Abschlußerklä rung wird diese Haltung begründet: „Diese Resolution behandelt das Palästinenserproblem als Flüchtlingsfrage und ignoriert die PLO, die einzige und legitime Repräsentantin des palästinensischen Volkes.“ Abu Jihad, rechte Hand Arafats, ist da noch präziser: „Die Friedenskonferenz kann nicht allein auf der Basis der Resolution 242 abgehalten werden. Auch die nationalen Rechte des palästinensischen Volkes und seiner Repräsentantin, der PLO, müssen anerkannt werden.“ Abu Jihad hat nun öffentlich die Bedingungen formuliert, unter denen die PLO bereit wäre, den Text zu akzeptieren. Konflikt mit Ägypten Auch die Resolutionen des PNC zu den Beziehungen zu Jordanien und Ägypten wurden im gleichen Geiste verfaßt. Trotz der Aufkündigung des Amman–Abkommens zwischen Arafat und König Hussein, einer palästinensisch–jordanischen Friedensinitiative, sollen die engen Bindungen aufrechterhalten werden. Für Abu Jihad steht außer Frage, daß eine Lösung der Palästinenserproblems nur in einer palästinensisch– jordanischen Konföderation zweier unabhängiger Staaten bestehen kann. Über die Frage der Beziehungen zu Ägypten wäre es am Samstag zu guter letzt fast noch zum Krach gekommen. In der entsprechenden Resolution ist wohl von der Einschränkung, nicht länger jedoch vom Abbruch der Beziehungen zu dem arabischen Staat, der einen Friedensvertrag mit Israel geschlossen hat, die Rede. Das schwierige Thema wurde zur Weiterbehandlung an das Exekutivkomitee der PLO verwiesen. In der Resolution wird einerseits an Ägypten appelliert, eine führende Rolle bei den Friedensbemühungen zu spielen, andererseits wird die Regierung in Kairo aufgefodert, sich vom Camp–David–Abkommen mit Israel zu distanzieren. Die ägyptische Delegation war darüber so erbost, daß sie die Sitzung verließ. Bereits zuvor hatte Staatschef Mubarak in einer Botschaft an den PNC mit den „schärfsten nur Vorstellbaren Konsequenzen“ gedroht, falls die PLO ihr Verhältnis zu Kairo neu definiere. Kontakte zur israelischen Opposition Eine andere Resolution wirft ebenfalls ein deutliches Licht auf die Verhandlungsbereitschaft der PLO. Zum erstenmal hat der Nationalrat dazu aufgerufen, „die Beziehungen zu den demokratischen israelischen Kräften zu verstärken, die den Kampf des palästinensischen Volkes gegen die Besatzung unterstützen und sein Recht auf Selbstbestimmung anerkennen“. Für Abu Jihad hängt der Weg zum Frieden von zwei Bedingungen ab: Zum einen steht nun die Aussöhnung mit Syrien auf der Tagesordnung, das am Friedensprozeß beteiligt sein und die PLO als unabhängige Gesprächspartnerin anerkennen muß. Zum anderen soll auf einer arabischen Gipfelkonferenz die Einheit der arabi schen Welt wieder hergestellt und eine gemeinsame Strategie im Hinblick auf eine internationale Konferenz ausgearbeitet werden. „Das wird die Schaffung eines neuen Kräfteverhältnisses erlauben. Mit der Unterstützung der Sowjetunion, Europas und den Befürwortern von Gerechtigkeit und Frieden wird man dann über die unnachgiebige Haltung der USA und Israels nachdenken müssen“, meinte der Arafat–Vertraute. Die Friedensbestrebungen der PLO, manchmal ungeschickt, oft ignoriert, haben sich bisher als fruchtlos erwiesen. Die Wiedervereinigung der PLO unter dem Vorzeichen einer neuen politischen Orientierung ihrer Führung muß jetzt konsolidiert werden, damit es tatsächlich zu einer internationalen Konferenz kommt - unter Teilnahme der PLO und mit dem Ziel, einen unabhängigen Palästinenserstaat zu schaffen. Daß die Bemühungen um die Einheit in der Tat sehr ernst gemeint sind, zeigt die Wahl zum Exekutiv–Komitee, der „Exilregierung“ der PLO: Als Vertreter der Volksfront ist Abu Ali Mustafa eingezogen, der innerhalb seiner Organisation als Hardliner gilt. Joseph Kaz, Algier