Den Sklavenhändlern geht es an den Kragen

■ Ermittlungserfolge bei der Bekämpfung illegaler Beschäftigungsverhältnisse Die Kehrseite der Medaille: auch die Datenüberwachung wird lückenloser

Nürnberg (taz) - Im Jahre 1986 hat die Bundesanstalt die Bekämpfung illegaler Beschäftigung weiter intensiviert. Leistungsmißbrauch und illegale Ausländerbeschäftigung wurden von allen 146 Arbeitsämtern nach personellen Verstärkungen noch effektiver verfolgt. Das brachte eine deutliche Steigerung der Ermittlungserfolge: Die Zahl der aufgegriffenen Verdachtsfälle erhöhte sich gegenüber 1985 um 22.000 auf über 213.400. In mehr als 126.100 dieser Fälle (+ 20.200) wurden Strafanzeigen erstattet, Geldbußen verhängt oder Verwarnungen erteilt. Die Arbeitsämter setzten Geldbußen in Höhe von insgesamt 25,2 Millionen DM fest. Die Zahl der Strafanzeige stieg um rund 2.100 auf 19.800. Trotz dieser Erfolge ist die illegale Beschäftigung nach den Erkenntnissen der Bundesanstalt für Arbeit nach wie vor hoch. Präsident Heinrich Franke rief deshalb auf einer Pressekonferenz am Montag in Nürnberg zu „mehr Ehrlichkeit auf dem Arbeitsmarkt“ auf. „Wir brauchen jeden legalen Arbeitsplatz“, sagte Franke. Illegale Beschäftigung vernichte aber legale Arbeitsplätze, verhindere die Schaffung neuer Beschäftigungsmöglichkeiten und führe in Verbindung mit Steuer– und Beitragshinterziehung zu erheblichen finanziellen Verlusten. Die illegalen Arbeitnehmerverleiher streichen nach Schilderung Frankes hohe Gewinne ein. Er nannte das folgende Beispiel: Der Auftraggeber (Entleiher), der für legal beschäftigtes Stammpersonal 55 bis 60 Mark je Kraft und Stunde berechnen müßte, bedient sich stattdessen eines illegalen Verleihers, der 25 bis 35 Mark verlangt, von denen der Leiharbeitnehmer 15 bis 20 Mark, im Extremfall sogar nur 5 bis 8 Mark netto für brutto erhält. Der Differenzbetrag ist auf der Gewinnseite zu verbuchen. Rechtsverstöße im Bereich der illegalen Beschäftigung ziehen, empfindliche Geldbußen und bei Betrug oder anderen Straftaten hohe Geld– oder Freiheitsstrafen nach sich. Die steigende Aufdeckungsquote geht nicht zuletzt auf den verstärkten Einsatz der elektronischen Datenverarbeitung zurück. Mit Hilfe eines Informationssystems mit dem Namen INBIL werden alle Informationen über illegale Arbeitnehmerüberlassung und unberechtigte Arbeitsvermittlung gesammelt, die Ermittlungen koordiniert und übergreifende Zusammenhänge frühzeitig aufgedeckt. Zur Verfolgung des Leistungsmißbrauchs vergleichen die Ämter ferner im Rahmen eines regelmäßigen Datenabgleichs (DALEB–Verfahren) Zeiten des Leistungsbezuges mit Meldungen der Arbeitgeber für die Beschäftigtenstatistik. Zeitüberschneidungen beweisen einen unrechtmäßigen Bezug von Sozialleistungen neben dem Arbeitslohn. 1986 sind auf diese Weise über 72.000 Fälle einer Leistungsüberzahlung mit einer Schadenshöhe von insgesamt mehr als 36 Millionen DM ermittelt worden. Georgia Tornow