: Demos in Planung
Bonn (taz) - Am 13. Juni will sich die Friedensbewegung mit einer bundesweiten Demonstration in Bonn wieder zu Wort melden. Der Vorschlag stammt von der Aktion Sühnezeichen und wurde von allen 30 Gruppen übernommen, die seit den Hochzeiten der Friedensbewegung im Koordinationsausschuß vertreten sind. Mit der Demonstration soll der Bundesregierung Dampf gemacht werden, auf die Abrüstungsangebote von Gorbatschow ernsthaft einzugehen. Die Rolle der Bundesregierung sei „beschämend“, sagten Mitglieder des Koordinationsausschusses, weil sie mit anderen westlichen Verbündeten „alles daran setzt, eine Denukle arisierung Europas zu verhindern“. Die Demonstration soll die Bundesregierung auffordern, sofort „praktische Schritte“ zu unternehmen, „den sofortigen Bau– und Stationierungsstopp in den vier Stützpunkten für atomare Mittelstreckenwaffen“ zu verfügen und „jeden Übungsbetrieb für die bereits stationierten Raketen“ zu untersagen. Vom Bundestag wird verlangt, den Stationierungsbeschluß von 1983 sofort rückgängig zu machen. In den nächsten Wochen will der Koordinationsausschuß mit einem Faltblatt mobilisieren, das nach den Vorstellungen von Andreas Zumach (Aktion Sühnezeichen) „in millionenfacher Auflage“ verbreitet werden soll. Dieses Faltblatt geht ausführlich auf die Auseinandersetzung innerhalb der Bundesregierung um die „erweiterte Null–Lösung“ ein und versucht, Argumentationslinien der Friedensbewegung deutlich zu machen: Die NATO spiele auf Zeit und hoffe, „daß eine Phase der Erfolgslosigkeit die Reformpolitik Gorbatschows innenpolitisch scheitern läßt“. Und weiter: „Nur öffentlicher Druck kann es der NATO schwer machen, eine Verschrottung dieser Waffen zu verhindern.“ Vor der Bonner Demonstration sollen weitere Aktionen stattfinden: Vom 2. bis 10. Mai ist am Stationierungsort der Pershing II in Mutlangen eine große „Seniorenblockade“ geplant; eine Blockade des Stationierungsortes der Cruise Missiles soll am 28./29. Mai in Hassalbach/Hunsrück folgen. Zu den Blockaden ruft jedoch nicht der gesamte Koordinationsausschuß auf; dagegen stehen die alten Bedenken einiger Gruppen gegen Regelverletzungen und „Zivilen Ungehorsam“. Vom 12. bis 28. Juni ist ferner eine „Friedens–Stafette der Sportler und Sportlerinnen“ geplant; vom 17. bis 21. Juni folgt dann der Kirchentag, der jedoch vor allem gegen die Apartheid in Südafrika gerichtet ist. Für die Bonn–Demonstration rechnet der Koordinationsausschuß mit etwa 30.000 Leuten. Allerdings möchte sich auf eine Zahl niemand so richtig festlegen. Für den morgigen Donnerstag hat die SPD eine Sondersitzung des Bundestags zum Thema „Erweiterte Null–Lösung“ beantragt. Dem werden sich die Grünen anschließen. Am 19. Mai plant die Grüne Fraktion in Bonn eine Fraktions–Sondersitzung zur Gorbatschow–Politik. Der grüne Abgeordnete Mechtersheimer äußerte sich gestern gegenüber der taz optimistisch: Die Friedensbewegung habe in den letzten Jahren eine so große Wirkung gehabt, daß Teile der Bundesregierung östliche Abrüstungsangebote nicht mehr ablehnen könnten, „obwohl sie das gerne würden“. Sehr kritisch äußerte er sich gegenüber Fraktion und Partei: Anstatt in diese Debatte stärker einzugreifen, „paralysieren sich die Grünen im Moment durch sekundäre Probleme selbst“. Ursel Sieber
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