Wir müssen leider draußen bleiben

■ Zu den Schwierigkeiten, über ein von der CSU veranstaltetes AIDS–Hearing zu berichten / Bei Experten bleibt der von der bayerischen Landesregierung geplante allgemeine AIDS–Test auch nach dem Hearing umstritten

München (taz) - Zeitung ist nicht gleich Zeitung, und Meinung ist nicht gleich Meinung. Das weiß selbst der Pförtner im bayerischen Landtag. Herr Gietl von der CSU–Pressestelle hat der taz–Korrespondentin zugesichert, wenn noch ein Platz frei sei im Konferenzsaal, in dem die CSU–Landtagsfraktion ihr AIDS–Hearing mit handverlesenen Experten durchführt, werde er sie rufen. „Es ist gerammelt voll, die Journalisten raufen sich um die Plätze“, zuckt dieser jedoch mit den Achseln, als unsere Korrespondentin ihn nach einer Stunde anspricht. Die Journalistenkollegen dagegen, die den Saal verlassen, wirken nicht abgekämpft. „Es ist noch Platz“, versichern sie und versuchen drinnen den pflichtbewußten Aufpasser umzustimmen. „Soll ich Ihnen an Stuhl holen?“ - „Wollens an Kaffee“, wird draußen unsere Korrespondentin inzwischen vom Personal hervorragend versorgt. „Soll i eahner mei weiße Schürze leihen, dann könnens neigehn“, bietet ihr die gewitzte Bedienung aus der Land tagsgaststätte an. Doch unsere Korrespondentin weiß, Undercover–Methoden würden dem strengen Auge des CSU–Mannes nicht entgehen. Drinnen aber versucht Herr Gietl noch zu prüfen. Resultat: „Ich hab keine Genehmigung.“ Von wem will er erst mal nicht verraten. „Its not my responsibility“, wehrt auch der Bayerische AIDS–Experte und Staatssekretär aus dem Innenministerium, Gauweiler, an den sich unsere Korrespondentin vertrauensvoll wendet, weltmännisch ab. Leider sei er halt nicht Fraktionsvorsitzender. Aber was nicht ist, kann ja noch werden. Inzwischen versteht auch Dagobert Lindlau vom Bayerischen Rundfunk, der als Vertreter der Publizistik zum Hearing geladen wurde, die Welt nicht mehr. Pressefreiheit, wo bist du? „Sie ist ja ganz nett, aber“, versucht ihm Gauweiler zu erklären. „Auch wenn sie nicht nett wäre, man kann doch niemand ausgrenzen“, glaubt Lindlau. „Ja aber ihre Zeitung, es waren ja schon wieder Annoncen mit Aufruf zum Strommastensägen drin“, versucht der „Schwarze Peter“ den Trumpf aus dem Ärmel zu schütteln. „Wenn man da von allen das Sündenregister aufzählen wollte“, bleibt Lindlau uneinsichtig. Bei der Pressefreiheit kennt der Fernsehmann, der gern den „Advocatus Diaboli“ spielt und gelassen hinnimmt, daß er für die Linken der Nazi und die Rechten der Bolschewik ist, kein Pardon. „Sie brauchen gar nicht mehr zu warten, Herr Tandler will die taz nicht dabeihaben“, wird unsere ausdauernde Korrespondentin von Herrn Gietl belehrt. Die offizielle Version des CSU–Fraktionsvorsitzenden im Saal hört sich aber anders an. Damit keine falschen Informationen in Umlauf kommen, erklärt er den Journalisten, man habe eben nur die Landtagspresse und einige Münchner Zeitungen und Agenturen einladen können. Daß dabei die Bild–Zeitung und der Fernsehsender des Strauß–Sohns Franz, „TV–weißblau“, nicht vergessen wurden, kann man den „Schwarzen“ doch nicht vorwerfen, oder? Luitgard Koch