Alternative zur schwarzen Republik

■ Die neuen Vorstandssprecher/innen der Grünen wollen inhaltliche Debatte eröffnen / Joschka Fischer appelliert an „profilierte Leute“ innerhalb der Partei, aufeinander zuzugehen / Skepsis bei Regina Michalik

Aus Bonn Oliver Tolmein

Die Konsequenzen, die die Wahl des neuen grünen Bundesvorstands haben wird, sind Tagesordnungspunkt der heutigen Sitzung der Bundestagsfraktion. Die neu ins Amt gekommenen Sprecherinnen, Regina Michalik und Christian Schmidt, haben bereits gestern in einem Gespräch mit der taz angekündigt, daß sie enger mit dem Vorstand der Bundestagsfraktion zusammenarbeiten wollen als das in den vergangenen Monaten Praxis war. Voraussetzung dafür sei allerdings, daß auch die Fraktion größeres Interesse als bisher an einer solchen Zusammenarbeit entwickele. Auf die heftige Kritik angesprochen, daß im neuen Sprecherinnentrio zwar die Feministinnen, Fundis und Ökosozialisten, aber nicht die Realos repräsentiert seien, meinte Regina Michalik, ihr Ziel sei es ohnehin, die Hierarchie innerhalb des Bundesvorstands abzubauen, so daß auch die Beisitzer nach außen Positionen vertreten könnten. Außerdem verfüge der realpolitische Flügel über eine Vielzahl von Vertreterinnen in der öffentlichen Diskussion. „Wir wollen keine Dauer–Konfrontation mit den Realos“, sagte Christian Schmidt, „aber man kann von uns auch nicht erwarten, daß wir, nachdem wir gewählt worden sind, ins Realolager überwechseln.“ Auf Joschka Fischers am Montag morgen im Deutschlandfunk verbreiteten Appell an die „profilierten Leute“ der Grünen, „ernsthaft“ aufeinander zuzugehen, damit der „Karren namens Grüne erfolgreich weitergezogen werden kann“, reagierten Michalik und Schmidt verhalten. Wenn mit Aufeinanderzugehen gemeint sei, gemeinsam eine Debatte zu führen, sei das auf jeden Fall begrüßenswert, meinte Regina Michalik. Der Appell richte sich aber wohl an alle Grüne, „und da gilt: Ein jeder fange bei sich selber an“. Den von Fischer vorgeschlagenen Integrationskurs, der auf einem Parteitag im Herbst in einen „innerparteilichen Kompromiß“ münden soll, beurteilt sie skeptisch: es sei nicht günstig, nur wegen der Hessen–Wahl überstürzt eine neue Parteilinie festzuklopfen. Wichtig finden es Schmidt und Michalik allerdings, inhaltlich arbeitenden Gremien in der Partei zu stärken. Ziel dieser Bemühungen sei es, meint Schmidt, in Zusammenarbeit mit den Landesverbänden eine Debatte zum Thema „Alternativen zur schwarzen Republik“ zu organisieren: Dabei gehe es um Fragen wie Gewaltfreiheit, Gewaltmonopol oder Regierungsbeteiligung, aber auch, wie Michalik ergänzte, um eine übergreifende Diskussion über das Selbsbestimmungsrecht der Frau, bei der Fragen wie der Paragraph 218, neue Lebensformen oder Kontroversen wie die um das Müttermanifest eine Rolle spielen müssen. Auf die massiven Angriffe und die „Boykottiert das Hauptquartier“–Strategie von Antje Vollmer angesprochen, meint Christian Schmidt: „Konsequenterweise müßte Antje nach dem Wahlergebnis fordern: Boykottiert die Bundesdelegiertenkonferenz. Der nächste Schritt wäre dann zu sagen: Boykottiert die Grüne Partei. Schon bei der Auseinandersetzung um die BAG Mütter hat Antje gezeigt, daß sie inhaltlichen Kontroversen durch Spaltung begegnen will. Das kommt mir wie die alte K–Gruppen–Mentalität vor.“