CDU–Kampagne gegen Datenschützerin

■ CDU versucht, baden–württembergische Datenschutzbeauftragte einzuschüchtern / Aufforderung zur Selbstzensur /Ruth Leuze will über Mängel bei der Vorbereitung zur Volkszählung berichten

Von Dietrich Willier

Stuttgart (taz) - Als „beispiellosen Einschüchterungsversuch durch die CDU–Fraktion“ bezeichnete die baden–württembergische Datenschutzbeauftragte Frau Dr. Ruth Leuze gestern einen Dringlichkeitsantrag von CDU– Parlamentariern. Die CDU–Fraktion hatte die Landesregierung aufgefordert, alles zu unternehmen, „daß nicht weiter der Eindruck besteht, die Datenschutzbeauftragte solidarisiere sich mit Gruppen, die zum Boykott der Volkszählung aufrufen“. In einer Begründung des Antrags wird der Datenschutzbeauftragten der Abdruck eines Beitrags in dem Buch „Vorsicht Volkszählung“ und ein Aufsatz im evangelischen Gemeindeblatt vorgeworfen. Frau Leuze selbst empfindet es als unzumutbar, sich von ihren Aussagen zu distanzieren. Von dem Abdruck ihres Vortrags in „Vorsicht Volkszählung“ habe sie erst einen Monat nach dessen Veröffentlichung erfahren. Bei dem Abdruck in „Vorsicht Volkszählung“ handelt es sich um eine Stellungnahme der Datenschutzbeauftragten vor dem Innenausschuß des Bundestags. Die Herausgeber von „Vorsicht Volkszählung“ hatten Frau Leuze nie über ihre Absicht unterrichtet, die Stellungnahme in ihrem Buch zu verwenden, und dazu rechtlich auch gar keine Veranlassung gehabt. Die CDU, so erklärte auch Frau Leuze, scheint sich da über die Rechtslage nicht im klaren zu sein. In ihrem persönlichen Beitrag im evangelischen Gemeindeblatt Württembergs hatte Frau Leuze gewünscht, „ihre Kirche hänge sich nicht so sehr an die Rockschöße des Staates“. Schließlich „greife der Staat mit dem Volkszählungsgesetz massiv in das Grundrecht aller Bürger auf Datenschutz ein. Den Antrag der CDU empfinde sie als Aufforderung zur Selbstzensur. Außerdem habe sie den Beitrag im Gemeindeblatt nicht in ihrer Eigenschaft als Datenschutzbeauftragte, sondern als Gemeindemitglied geschrieben. Für kommende Woche hat die Datenschutzbeauftragte eine Sondersitzung des ständigen Ausschusses im Stuttgarter Landtag gefordert. Sie will dort über Mängel und Ungesetzlichkeiten bei der Vorbereitung der Volkszählung berichten. Die Amtszeit von Frau Ruth Leuze läuft Ende März 1988 aus. Sie will sich dann erneut für das Amt bewerben. Wie die taz von CDU–Abgeordneten erfuhr, soll es dazu aber nicht mehr kommen: „Dieses Amtsjahr ist auch Frau Leuzes letztes“, hieß es da.