Schnee von gestern?

■ Das Kalkül der Irangate–Abwiegler scheint aufzugehen

Ende letzten Jahres noch hätten die entlarvenden Aussagen des feisten Ex–Generals und North–Komplizen Secord dem US–Präsidenten das Genick gebrochen. Doch heute, mehr als sechs Monate, nachdem der Iran–Contra–Skandal die Regierung des „großen Kommunikators“ ins Schleudern gebracht hat, erregen sich die Washingtoner Gemüter lieber an Sexskandälchen als an der Bestätigung, daß Reagan in die geheimen Machenschaften seiner „Cowboys“ in Mittelamerik Davon ist heute nicht mehr die Rede. Das Kalkül der Strategen im Weißen Haus scheint aufgegangen zu sein: das Interesse der US–Amerikaner ist durch die monatelangen Anhörungen und täglichen Enthüllungen erlahmt. Selbst die Aussagen wichtiger Politiker wie der Vorsitzenden des Untersuchungsausschusses im Senat, daß Reagan die von North und Seco von gestern. Nachdem die amerikanische Öffentlichkeit monatelang mit abstrusen und bizarren Einzelheiten des Waffengeschäfts überfüttert wurde, nimmt sie auch Reagans lächerliche Ausreden mit stoischer Ruhe auf. Unbeirrt kann der „Freiheitskämpfer“ die Werbetrommel für seine mittlerweile angeschlagenen „Contra–Helden“ rühren - zuletzt vor ruhmreicher Kulisse: zu Füßen der Freiheitsstatue in New York. Vergleichbares gibt es nur noch in der Bundesrepublik, wo die hohe Kunst des Aussitzens von Regierungspolitikern perfektioniert worden ist. Michael Fischer