Spitzenkompromiß setzt sich durch

■ Regionale Metall–Verhandlungen in NRW und in der Druckindustrie abgeschlossen / IG Metall: Samstagsarbeit eingeschränkt / IG Druck: Dreischichtarbeiter einbezogen

Von Martin Kempe

Berlin (taz) - Die Arbeitszeitrunde 87 ist zu Ende. In der Nacht von Dienstag auf Mittwoch haben sich die Tarifparteien der Druckindustrie und der nordrhein–westfälischen Metallindustrie darauf geeinigt, den vor zwei Wochen zwischen IG–Metall–Chef Steinkühler und Gesamtmetall–Präsident Stumpfe in einem Spitzengespräch ausgehandelten Kompromiß über Arbeitszeitverkürzung und Lohnerhöhungen bis 89 auch für ihre Bereiche zu übernehmen. Damit steht jetzt fest, daß die Arbeitszeit in der gesamten Metallindustrie und in der Druckindustrie im April 88 um eine, im April 89 um eine weitere halbe Stunde verkürzt wird. Die Löhne werden in diesem Jahr um 3,7, im kommenden Jahr um weitere 2 und 1989 um 2,5 Prozent erhöht. In Köln konnte sich die IG Metall NRW jetzt in der Frage der Samstagsarbeit weitgehend durchsetzen. In München wurde mit Hilfe des Schlichters, Präsident des Bundessozialgerichts Heinrich Reiter, ein Kompromiß hinsichtlich der Einbeziehung der Dreischichtarbeiter in die Arbeitszeitverkürzung gefunden. Bis zuletzt war fraglich, ob der Bad Homburger Kompromiß von Steinkühler und Stumpfe Bestand haben würde. Sie hatten selbst eine Frist bis zum 6. Mai gesetzt, innerhalb derer alle Tarifbezirke des Metallbereichs die von ihnen offen gelassenen Probleme gelöst haben sollten. Im wesentlichen ging es dabei um die in den verschiedenen Tarifbezirken unterschiedlichen Regelungen zur Samstagsarbeit . Die Arbeitgeber streben eine möglichst weitgehende Einbeziehung des Samstags in die Regelarbeitszeit an, die IG Metall will den zweitägigen Wochenendblock retten. Sie hat sich nun auch in NRW - unterstützt durch mehr als 120.000 Warnstreikende - mit dieser Haltung weitgehend durchsetzen können. Damit konnte der neue Tarifvertrag kurz vor Toresschluß auch im letzten und größten Bezirk unterzeichnet werden. Darin wird festgeschrieben, daß die „individuelle regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit“ gleichmäßig oder ungleichmäßig auf fünf Werktage von Montag bis Freitag verteilt werden kann. Abweichungen von dieser Regelung können allerdings mit dem Betriebsrat vereinbart werden. Der einzelne Arbeitnehmer, heißt es in dem Vertrag, soll in der Regel nicht an mehr als fünf Werktagen beschäftigt werden. Die Zahl der Überstunden soll zehn in der Woche nicht überschreiten. Im Druckbereich wurde in sechzehnstündigem Verhandlungsmarathon vor allem um die Einbeziehung der rund 20.000 Dreischichtarbeiter in die Wochenarbeitszeit gerungen. Bei der letzten Arbeitszeitverkürzung im April 1985 hatten einige Druckarbeitgeber die eineinhalb Stunden zusätzliche Freizeit mit den seit langem in den meisten Dreischichtbetrieben durchgesetzten halbstündigen bezahlten Pausen verrechnet. Vereinbart wurde eine „Besitzstandsklausel“, mit der die durch Betriebsvereinbarung für rund 80 Prozent der Dreischichtarbeiter bereits geltende Arbeitszeitverkürzung festgeschrieben wird. An allen weiteren jetzt vereinbarten Arbeitszeitverkürzungen sollen alle Dreischichtarbeiter voll teilhaben. IG Metall und IG Druck und Papier werteten ihre Verhandlungsergebnisse als Erfolg. Der IGM ist es in NRW und weiteren Tarifbezirken gelungen, strengere Regelungen für die Samstagsarbeit durchzusetzen. Die IG Druck legt Wert darauf, weiteren Anrechnungen von Arbeitszeitverkürzung auf bezahlte Pausen einen Riegel vorgeschoben zu haben.