Waldheim klagt - Weißbuch fertig

■ Klage wegen „übler Nachrede“ gegen Edgar Bronfman, Präsident des Jüdischen Weltkongresses

Aus Wien Michael Schmid

Kurt Waldheim hat die Staatsanwaltschaft beauftragt, den Präsidenten des Jüdischen Weltkongresses, Edgar Bronfman, wegen übler Nachrede zu verklagen. Bei Beleidigungen des österreichischen Bundespräsidenten muß dieser der Einleitung für Ermittlungen zustimmen. Durch drei Aussagen, die Bronfman auf dem Treffen des Jüdischen Weltkongresses am 5.Mai gemacht hat, sieht sich Waldheim in seiner Ehre verletzt. Bronfman hatte ihn als „wesentlichen Bestandteil der Nazi–Tötungsmaschine“ bezeichnet und weiter gemeint, wenn Waldheim „auch nur ein wenig Patriotismus in seinem Herzen hätte, würden seine Ärzte einen Grund für seinen Rücktritt finden“. Darüber hinaus seien Waldheims „Verbrechen und Lügen über seine Vergangenheit“ so offenkundig, daß es „beinahe ein Verbrechen gegen die Menschheit ist, mit diesem Mann allzuviel zu tun zu haben“. Fortsetzung auf Seite 2 Siehe auch Bericht über den Jüdischen Weltkongreß in Budapest auf Seite 7 Unterdessen sind die Weißwäscher für Waldheims Vergangenheit eifrig am Werk. Ein Weißbuch, das der Präsident selbst von seiner Kanzlei verfassen ließ, weist alle Vorwürfe zurück. Die Paraphe „W“, die auf belastenden Dokumenten erscheint, sei nicht die Waldheims, und, sinnig formuliert, Waldheim hätte von Judendeportationen und Verschleppung der Zivilbevölkerung in Jugoslawien „im schlimmsten Fall gehört haben können“. Keine Rede davon, daß er an solchen Aktionen beteiligt gewesen wäre. Der Institutsleiter des Militärgeschichtlichen Forschungsamts in Freiburg, Messerschmidt, hat inzwischen ein Gutachten über Waldheims Kriegsvergangenheit ausgearbeitet, das demnächst in Wien vorgestellt werden soll.