NRW–Grüne wollen Zukunftsdebatte

■ Zusätzliche Landesversammlung beschlossen / Alle Debatten sollen auch für Außenstehende offen sein / Für einen Politikansatz „ohne Denkverbote“ / Der Landesvorstand in NRW will Kohlestudie in Auftrag geben

Von Jakob Sonnenschein

Bielefeld (taz) - Die nordrheinwestfälischen Grünen wollen noch in diesem Jahr eine zusätzliche Landesversammlung durchführen, auf der ausschließlich die „Zukunftsperspektiven Grüner Politik“ diskutiert werden sollen. Diesen Beschluß faßte am Wochenende die in Bielefeld tagende Landesdelegiertenkonferenz. Gleichzeitig fordern die NRW– Grünen alle anderen Landesverbände auf, es ihnen gleichzutun. Vom Bundesvorstand und vom Bundeshauptausschuß verlangen sie die Vorbereitung einer außerordentlichen Bundesversammlung für das Frühjahr 1988. Dort soll dann die in den Landesverbänden begonnene Debatte fortgeführt werden. Alle Konferenzen sollen für Diskussionsteilnehmer außerhalb der Grünen „offen sein“. Der Vorstoß aus Bielefeld zielt darauf ab, die wahlkampffreie Zeit mit „Optimismus, Transparenz und Gelassenheit“ zu nutzen, um den „Politikansatz der Grünen“ - wie es hieß - in „einer offenen Atmosphäre ohne Denkverbote“ neu zu bestimmen. Vorerst noch Zukunftsmusik, denn in Bielefeld bestimmte - wie von der Tagesordnung vorgesehen - eine lähmende Satzungsdebatte den Parteitag. Politisch passierte wenig. Die NRW–Grünen erneuerten fast wortgleich die schon beim Bundesparteitag verabschiedete Stahlerklärung, riefen wie erwartet zum Volkszählungsboykott auf und machten den Bau der Atomkraftwerke für die derzeitige Krise der Steinkohle verantwortlich. „Die Stillegung von rund 17.000 Megawatt Atomstromkapazität würde die dramatische Si tuation des heimischen Steinkohlebergbaus erheblich entspannen.“ Grundlagen der zukünftigen Kohlepolitik erhoffen sich die NRW–Grünen von einer „Kohlestudie“, die der Landesvorstand in Auftrag geben will. Mittel– und langfristig werden die Grünen die Forderung nach Erhalt aller Zechen kaum aufrechterhalten. In diesem Sinne äußerte sich auch der Energieexperte Eckhard Stratmann, der sich auf die Kohlestudie des Sozialdemokraten Reinhard Schultz berief, der, wie in der taz berichtet, eine drastische Reduzierung der Kapazitäten für unumgänglich hält.