Verstrahlte Milch darf nach Venezuela

■ Bremer Gewerbeaufsichtsamt hat keine Bedenken / Milchpulver nicht auf Becquerelwerte hin nachgemessen / Die Behörden verlassen sich auf die Angaben des Ursprungslandes Österreich

Von Klaus Schloesser

Bremen (taz) -Wie ursprünglich vorgesehen, werden am morgigen Mittwoch 500 Tonnen radioaktiv belasteten Milchpulvers den Bremer Überseehafen in Richtung Venezuela verlassen (Die taz berichtete). Messungen des österreichischen Milchpulvers ergaben gestern für die Bremer Umweltschutz– und Gewerbeaufsichtsbehörden keine Anhaltspunkte für einen Verstoß gegen die EG– Richtlinien 1707/86, die für Molkereiprodukte einen Grenzwert von 370 Becquerel pro Kilo vorsieht. Allerdings, so der Leiter des Bremer Gewerbeaufsichtsamts, Alexander Horn, hätten die Bremer Behörden keinerlei rechtliche Handhabe gesehen, um selbst Proben aus den Milchpulversäcken zu entnehmen. Deshalb habe man sich auf die Ergebnisse von 25 österreichischen Stichprobenmessungen verlassen müssen. Die von der niederösterreichischen „Bezirkshauptmannschaft Ried“ bestätigten Werte lägen, so Horn, zwischen 660 und 850 Becquerel pro Kilo und damit unterhalb der EG– Grenzwerte für Milchpulver von 1850 bq/Kilo. In Bremen selbst wurden gestern vormittag lediglich Außen messungen an drei Güterwaggons durchgeführt, um Gefährdungen der mit den Verladearbeiten beschäftigten Hafenarbeiter auszuschließen. Nachmittags hielten die Meßtrupps der Gewerbeaufsicht ihre Meßgeräte dann auch einmal in einen geöffneten Waggon hinein und auf die Oberfläche der Papiersäcke. „Die ermittelte Strahlenbelastung von 0,5 bq/ Quadratzentimeter läßt sich in etwa auf den Inhalt der Säcke umrechnen und bestätigt insofern die Angaben auf der Unbedenklichkeits–Bescheinigung des österreichischen Herstellers. Schließlich wird Milchpulver auch in Venezuela nicht trocken gelöffelt, sondern mit Wasser im Verhältnis 1:5 verdünnt. Die radioaktive Belastung reduziert sich also schließlich wieder auf rund 150 Bequerel pro Liter Milch“, schließt Horn auch Gefährdungen für Kinder im Bestimmungsland Venezuela aus. Daß Gewerbeaufsicht und Umweltschutzbehörden die Entnahme von Meßproben verwehrt worden sei, dementierte allerdings gestern ein Sprecher der mit der Verschiffung beauftragten Bremer Spedition Bachmann: „Wir haben selbst überhaupt kein Interesse, verstrahltes Milchpulver hin– und her zu kutschieren. Nur hat uns niemand um Meßproben gebeten.“