Abschied von der Wiederaufarbeitung?

■ Der Bund Naturschutz macht Industrie–Studie öffentlich, die sich gegen die WAA in Wackersdorf ausspricht / Die Untersuchung empfiehlt stattdessen ein Brennelemente–Zwischenlager in der Oberpfalz

Berlin (taz) - Nach Informationen des „Bund für Umwelt– und Naturschutz“ (BUND) haben sich drei maßgebliche Energie–Konzerne von der Technologie der atomaren Wiederaufarbeitung verabschiedet. Der BUND hat „aus sicherer Quelle“ Informationen über eine Studie zur Wiederaufarbeitung erhalten, die von den großen Gesellschaften Veba, RWE und Bayernwerk vorgelgt worden und dem Bundeskanzleramt zugegangen sei. Die Studie komme zu dem Ergebnis, daß die Wiederaufarbeitungsanlage in Wackersdorf aus wirtschaftlichen Gründen nicht gebaut werden sollte. Nach Angaben des BUND– Sprechers von Braunmühl empfiehlt die Studie stattdessen, die Wiederaufarbeitung - soweit nötig - weiter im französischen La Hague zu betreiben und die Endlagerung in Gorleben mit Nachdruck zu verfolgen. Für den Standort Wackersdorf werde ein Brennelemente–Zwischenlager vorgeschlagen. Nach Ansicht von BUND ist dieser Zwischenlager– Vorschlag eine Brücke für die Bundes– und Landesregierung, um den Standort Wackersdorf nicht vollständig aufgeben zu müssen. Nachdem die WAA in Wackersdorf „mit ungeheurer Polizeigewalt“ durchgepeitscht werde, könne man jetzt, so der BUND, keinen „Totalrückzug“ antreten. Um das Gesicht zu wahren, werde deshalb der Bau eines Zwischenlagers angeboten. Unter den elf Gesellschaftern der WAA–Betreiberin DWK war es in der Vergangenheit wiederholt zu Differenzen über die Not wendigkeit und Wirtschaftlichkeit einer deutschen WAA gekommen, die bisher aber nicht in der Öffentlichkeit ausgetragen wurden. Öffentlich wird nach wie vor Einmütigkeit demonstriert, obwohl gerade das RWE die Wiederaufarbeitung nur halbherzig unterstützt. RWE und Bayernwerk gehören zu den einflußreichsten Gesellschaftern der DWK und auch die Veba ist über die Konzerngesellschaft Preussenelektra maßgeblich an der DWK beteiligt. Alle drei Konzerne zusammen besitzen sogar die rechnerische Mehrheit der DWK–Anteile. Der BUND hat in einem Brief an Kanzleramtsminister Schäuble Konsequenzen aus der Industrie– Studie gefordert. Nachdem die Industrie kein Interesse mehr an der WAA habe, müsse sich zeigen, ob die Bundesregierung die Stärke besitzt, den Bauzaun in Wackersdorf wieder abreißen zu lassen. Der Sprecher des Kanzleramtes wollte gestern die Existenz der Studie weder bestätigen noch ausschließen. Sie sei „jedenfalls nicht auffindbar“. Die DWK und das Essener RWE bestritten dagegen, daß eine solche Expertise vorliege. DWK–Sprecher Schmitt räumte zwar ein, daß es in der Frage der Wiederaufarbeitung unter den Gesellschaftern „unterschiedliche Meinungen“ gebe, aber „wir haben unsere Beschlüsse, und die sind eindeutig“. Auch RWE–Sprecher Bülow hielt am Bekenntnis des RWE zur WAA in Wackersdorf fest. Die Studie sei nicht mehr als eine „Behauptung des BUND“. -man–