Knüppel aus dem Sack

■ Rajiv Gandhi setzt Regierung im Punjab ab

Die Anschläge vom Wochenende waren wohl nur ein Vorwand, um das Überleben der Regierung im nordwestindischen Bundesstaat Punjab zu beenden. Seit langem hing es nur noch an dem seidenen Faden von Rajiv Gandhis Wohlwollen. Ein viel größerer Schock als die jüngste Eskalation der Gewalt war die öffentliche Erklärung des Polizeichefs Ribeiro in Punjab, Politiker der Landesregierung behinderten seinen Kampf gegen die militanten Sikhs. Mit der Absetzung der Regierung ist die Doppelstrategie Gandhis zur Beilegung des Punjabkonflikts gescheitert: Während die Polizei massiv „Terroristenhatz“ betrieb, sollte der gemässigte Sikhpolitiker Barnala als Regierungschef seine unzufriedenen Glaubensbrüder besänftigen. Doch je mehr sich seine Anhänger auf die Seite der Militanten schlugen, desto untauglicher wurde er für die ihm zugewiesene Rolle. Seine Regierung war schließlich nur noch Störfaktor für Ribeiro, der den Konflikt primär als ein Problem der Durchsetzung von Recht und Ordnung betrachtet. Die Zentralregierung hat dieser Entwicklung kräftig nachgeholfen. Aus Furcht, außerhalb des Punjab als weich und nachgiebig dazustehen, hat sie wenig Elan gezeigt, ihre den Sikhs gegebenen Versprechen einzulösen. Mit der Absetzung der Regierung Barnala entschied sich Rajiv Gandhi gegen die längst ausgelaugte Unterstützung der gemä–ßigten Sikhs und für die Polizeistrategie Ribeiros. Er hat nun, wie verlangt, freie Hand - wer wird da noch an die alten, längst unbequemen Versprechungen denken? Uwe Hoering