Ein Wahlkampf der grauen Mäuse

■ Die unbekannten Grünen sind in Rheinland–Pfalz auf dem Sprung in den Landtag / Auch die SPD hat Probleme mit dem Bekanntheitsgrad ihrer Kandidaten / Eine rot–grüne Koalition lehnt die SPD ab und träumt von Lafontaines „Wunder an der Saar“

Aus Speyer Felix Kurz

„Ja, und dann gibt es auch noch die Grünen.“ Mit betont leiser Stimme kommt Rudolf Scharping (SPD), der Herausforderer von Ministerpräsident Bernhard Vogel (CDU) bei der Wahl am 17. Mai, auf die von ihm so ungeliebte Öko–Partei in der Speyrer Stadthalle vor knapp 1.000 Zuhörern am Dienstag abend zu sprechen. „Die haben doch seit Duisburg einen Vorstand, der sagt, Fortschritt gäbe es nur über eine Schwächung der SPD. Nein, den gibt es nur über eine stärkere SPD.“ Jetzt schreit er fast, die Zornesröte steigt ihm ins Gesicht. Und es ist ihm ernst. Nein, Scharping sagt es an diesem Abend - die zweite große Wahlveranstaltung zusammen mit dem saarländischen Ministerpräsidenten Oskar Lafontaine - deutlich: „es wird keine Koalition zwischen SPD und Grünen geben. Egal, was passiert.“ Rudolf Scharping gehört ausdrücklich nicht zur Enkel–Gene ration wie sein Wahlhelfer Oskar Lafontaine. Von dessen „Wunder von der Saar“, als Lafontaine eine in Jahrzehnten abgehalfterte CDU–Landesregierung im Saarland knapp besiegte, träumen die Genossen jetzt auch in Rheinland– Pfalz. Roland Härtel, SPD–Landtagsabgeordneter und Lokalmatador in Speyer, betont das gleich bei der zu lang geratenen Begrüßung. „Neben dem künftigen Ministerpräsidenten von Rheinland–Pfalz haben wir noch einen zweiten Ministerpräsidenten zu Gast: Oskar Lafontaine, einer der ganz Großen.“ Der saarländische Ministerpräsident hat ebenfalls jeden Tag zwei Wahlkampfauftritte in dem Nachbarland. Der designierte SPD–Chef Hans–Jochen Vogel, Bruder des rheinland–pfälzischen Ministerpräsidenten Bernhard Vogel, meidet - weitgehend aus familiären Gründen - das Land. Obwohl die rheinland–pfälzische SPD zahlreiche grüne Themen besetzt hat - Abtransport des Giftgases, Stationierung der Marschflugkörper Cruise Missiles im Hunsrück - und gegen die AKWs wettert, sind sich die beiden Parteien nicht wohl gesonnen. Scharping: „Wer sind die überhaupt?“ Den Vorwurf der „grauen Mäuse“ gibt Gisela Bill, Grüne Landesvorstandssprecherin und Spitzenkandidatin im Wahlkreis 3, an die SPD zurück. Außer dem Landesvorsitzenden kennt man selbst innerhalb des Landes kaum ein Mitglied der SPD–Wahlkampfmannschaft, sagt sie. „Wir sind die einzige Partei, die im Wahlkampf Inhalte darstellen konnte. Die anderen plärren nur polemisch.“ Das Verhältnis zur SPD haben die Grünen bereits vor eineinhalb Jahren geklärt. „Erst mal Oppositionspartei, und dann sehen“, und selbstverständlich seien sie zu einer Zusammenarbeit mit der SPD bereit. Die sogenannten Fundis wird es in der künftigen Fraktion mit Sicherheit nicht geben. „Für das, was die Grünen in Hessen bekommen haben, wäre ich in Rheinland–Pfalz nicht zu haben“, meint Manfred Seidel. Der 28jährige Drucker aus Hauenstein ist Spitzenkandidat im Wahlkreis 4. Einen SPD–Ministerpräsidenten wählen, „nur um die CDU und Vogel zu verhindern“, wird es bei den Grünen nicht geben, ist seine Einschätzung. Völlig unvorbereitet werden die grünen Nobodys nicht in den Landtag ziehen. In insgesamt drei Sitzungen haben sich Vorstand und Kandidaten über ihre zukünftigen Schritte verständigt. 2.100 DM soll beispielsweise das Grundgehalt des Abgeordneten betragen. Auch einen Vizepräsidenten wollen die Grünen im künftigen Landtag für sich beanspruchen. Beste Chancen für diesen Posten hat der Professor für Orientalistik, Gernot Rotter. Und auch für eine mögliche Koalition mit der SPD hat man sich Gedanken gemacht. Vielleicht sei nach den Erfahrungen aus Hessen das Landwirtschaftsministerium besser, meint Horst Steffny, der Trierer Spitzenkandidat. Doch sicher ist für die Grünen bislang nur eines: „Wir werden wieder als Sieger dastehen.“