: Beihilfen zur Abtreibung nur nach Behörden–Check
■ Rheinland–Pfalz plant Änderung der Beihilfeordnung / Unterstützung bei einem Schwangerschaftsabbruch soll von Verwaltungsbeamten geprüft werden
Aus Mainz Rolf Gramm
Die rheinland–pfälzische CDU– Landesregierung gibt ihre Versuche nicht auf, die Abtreibungsbestimmungen zu verschärfen. Scheiterte sie vor zwei Jahren am Widerstand der Frauen in ihren eigenen Reihen mit dem Versuch, die Bezahlung von Notlagenindi kationen durch die Krankenversicherungen über Bundesrat und Verfassungsgericht zu unterbinden, so versucht sie jetzt, das wenigstens für die Beamtenfamilien in ihrem Bundesland durchzusetzen. Durch eine Änderung der Beihilfeordnung, die bei Beamten die Rolle der Krankenversicherung einnimmt, sollen ärztliche Gutachten für eine Notlagenindikation bei Frauen aus Beamtenfamilien künftig von Verwaltungsbeamten darauf kontrolliert werden, ob wirtschaftliche Gründe für den Abbruch eine Rolle spielen. Für den Fall, daß die Verwaltungsstelle die ärztliche Argumentation nicht einsieht, sollen die Frauen die Arztkosten selbst bezahlen. Vergleichbare Regelungen sind bislang nur in den Beihilfeordnungen von Bayern und Baden–Württemberg bekannt. „In Fällen einer Indikation nach §218a Abs. 2 Nr.3 StGB“, so heißt es in dem ,auf einen Ministerratsbeschluß zurückgehenden Entwurf, „ist in der Regel davon auszugehen, daß wirtschaftliche Gründe allein - insbesondere auch im Hinblick auf die Alimentationspflicht des Dienstherrn - die Gewährung einer Beihilfe nicht rechtfertigen“. Unter direkter Berufung auf die gescheiterte Bundesratsinitiative wird in der Begründung für die Änderung ausgeführt, daß Fortsetzung Seite 2 bei „nicht–rechtswidrigen Schwangerschaftsabbrüchen...Beihilfe nur noch gewährt werden soll, wenn die gesetzlichen Voraussetzungen ... tatsächlich erfüllt sind“. Dazu müßten beide ärztliche Gutachten die Notwendigkeit der Maßnahme ausführlich darlegen und gegenüber der Beihilfen–Festsetzungsstelle „nachvollziehbar begründen, warum es in der bestehenden Situation keine andere Möglichkeit als den Abbruch der Schwangerschaft gegeben hat“. „Im Klartext heißt das“, so die Landesvorsitzende von Pro Familia, Ulla Ellerstorfer, gegenüber der taz, „daß die Festsetzungsstelle einen Abbruch nicht bezahlt, wenn irgendwie durchscheinen sollte, „daß auch finanzielle Gründe für die Notlage eine Rolle spielen“. Statt wie bislang bei Vorliegen der beiden ärztlichen Gutachten den Eingriff ohne weitere Prüfung zu bezahlen, werde damit eine zusätzliche Kontrollstelle geschaffen, bei der Verwaltungsbeamte „nochmals die ärztlichen Gutachten begutachten“. Noch häufiger als bisher, befürchtet sie, „werden Beamtinnen dann Abtreibungen lieber gleich selbst bezahlen als zu riskieren, daß den Dienstherren ihr Abbruch bekannt wird“. Der stellvertretende DGB–Landeschef Manfred Helmes hält die geplante Regelung für „schlicht rechtswidrig“. Die Beihilfestelle maße sich hier als dritte Prüfungsinstanz neben den beiden Ärzten Vollmachten an, die ihr nicht zustehen und die sie inhaltlich auch gar nicht ausfüllen könne.
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