Chirac mauert im Kreml

■ Französischer Premier schließt Verhandlungen über Atomraketen aus / UdSSR über „Atomliebe“ verärgert

Moskau (dpa/taz) - Auch nach seiner Rückkehr von seinem dreitägigen Staatsbesuch in Moskau bleibt die Linie des französischen Premierministers Chirac hart. Frankreich, so hatte Chirac in Moskau verlauten lassen, werde ohne Wenn und Aber seine Atomstreitmacht modernisieren. Darin seien sich alle politischen Lager in seinem Lande einig. Auch Gorbatschow habe verstanden, daß es mit Frankreich keine Verhandlungen über die französichen Atomraketen geben könne. Wenn auch die französische Industrie auf Aufträge über zwei Milliarden Franc rechnen darf, zeigte sich die sowjetische Seite verärgert über diese bedingungslose Atompolitik der französichen Regierung. Für den sowjetischen Regierungssprecher Gerrassimow könnten die Beziehungen zwischen den beiden Ländern „eine Perestroika“, eine Umgestaltung, durchaus vertragen. Chiracs „Liebe zu den Atomraketen“ sei unverständlich. Ob die gegenseitige harsche Kritik einer „Wiederankurbelung“ der bilateralen Beziehungen nutzt, steht in den Sternen. Zum französischen Vorwurf, daß sich die Freilassung von politischen Gefangenen verlangsamt hätte, erklärte er, daß der Prozeß nicht unterbrochen sei, sich über das Tempo aber streiten ließe. Befriedigt zeigte sich Chirac darüber, daß ein Interview im sowjetischen Fernsehen ungekürzt übertragen wurde, in dem er auch auf die Gewissensgefangenen und die Haltung der sowjetischen Regierung gegenüber ausreisewilligen Juden eingegangen war. er