SPD Hessen–Süd will volksnah werden

■ Beim Bezirksparteitag der linken Hessen–SPD leckte man sich nach der Wahlniederlage die Wunden / Eklat um Wahl rechter Vorstands–Beisitzer / Große Mehrheit für Volkszählung und gegen Boykottaktionen

Aus Oberursel Reinhard Mohr

Nur mit zwei Stimmen über dem Quorum wurde der Vorsitzende des traditionell „linken SPD–Bezirks Hessen–Süd, Willi Görlach, auf dem Parteitag am vergangenen Wochenende wiedergewählt: Ein Denkzettel auch von linken Delegierten, die seine passive Rolle beim Bruch der rot–grünen Koalition in Wiesbaden kritisierten. „Regelrecht verstolpert“ habe man die Macht in Hessen, übte auch Görlach Selbstkritik, und eine breite Sachdiskussion finde in der Partei „so gut wie nicht mehr statt“: „Es gelingt nicht mehr, die Bürger für unsere Zukunftsentwürfe zu begeistern.“ Dennoch sei sozialökologische Politik nicht prinzipiell gescheitert, doch die SPD müsse nun „wieder stärker ins Volk gehen“. Das hörten die Parteirechten gern. Man sei die linke Theoretisiererei schon längst leid und habe es satt, „mit Reizwörtern wie kommunales Ausländerwahlrecht konfrontiert zu werden“. Mit Widerwillen sprach man vom rot–grünen Bündnis. Von der linken Bezirksmehrheit habe man sich „wie Aussätzige behandelt“ gefühlt (Darmstadts OB Metzger). Die SPD Hessen–Süd sei zwischen intellektuell–großstädtischen Linken und traditionell–populistischen Rechten gespalten. Um die „innerparteiliche Demokratie“ zu stärken, solle die konservative Minderheit bei den Vorstandswahlen angemessen berücksichtigt werden. Doch der Versuch mißlang, denn die Linken „wählten durch“. Daraufhin zog die konservative Gruppierung aus Protest gegen die nach ihrer Ansicht unzureichende Berücksichtigung ihrer Kandidaten für das Führungsgremium fünf Bewerber um Beisitzerposten zurückzog. So blieb die Linke im wesentlichen unter sich, aber auch ratlos angesichts der gegenwärti gen Rolle der SPD, „die Botin des Miesen“ zu sein. Den Vorschlag, an jede Kritik eine knackige Forderung zu heften, übersetzte ein anderer Deligierte in die Formel, man müsse „mit der konkreten Utopie in den Gesangsverein gehen“. Mit großer Mehrheit sprachen sich die Delegierten für die Volkszählung aus und lehnten alle „illegalen“ Handlungen zum Boykott ab. Sie wandten sich zwar auch gegen Versuche, Gegner der Erhebung zu kriminalisieren.