I N T E R V I E W SPD/FDP–Koalition im Interesse beider

■ Der saarländische Regierungschef Oskar Lafontaine zu den Wahlergebnissen in Hamburg und Rheinland–Pfalz

taz: Herr Lafontaine, zum ersten Mal seit langem muß die SPD in einem Landesparlament die FDP mit ins Regierungsboot nehmen. Wie verträgt sich das denn mit ihren Vorstellungen? Lafontaine: Sehr gut. Die SPD muß grundsätzlich zur Zusammenarbeit mit allen demokratischen Parteien bereit sein. Eine große Koalition sollte die Ausnahme für wirklich schwierige Situationen, für Notsituationen sein. Was wir jetzt erleben ist ein Stück Normalisierung. Die Koalition in Hamburg ist angesichts der Bedingungen dort und der Tatsache, daß die FDP kein Anhängsel der CDU werden will, im Interesse beider beteiligten Parteien. Denkbar wäre aber doch auch eine Koalition mit der GAL. Nein. Die GAL will keine Regierungsverantwortung übernehmen. Solange sie dazu nicht bereit ist, kann es keine Koalition mit der SPD geben. Es geht nicht an, daß die SPD im Parlament und der Regierung für die Arbeit verantwortlich ist und die GAL für die theoretischen Sprüche zuständig ist. Ist das Kapitel SPD–Grüne für Ihre Partei jetzt beendet? Über die Frage, ob die Grünen regierungsfähig sind, entscheiden die Grünen. In Rheinland–Pfalz hat Rudolf Scharping mit einer Absage an eine rot–grüne Koalition die SPD zwar vor großen Verlusten bewahrt, aber der Ministerpräsident heißt immer noch Bernhard Vogel. Insgesamt doch eine Niederlage für die SPD? Die Differenz zwischen den beiden großen Parteien in Rheinland–Pfalz ist von ca. 13 Prozent 1983 auf fast die Hälfte zusammengeschmolzen. Das ist eine gute Ausgangsbasis für Rudolf Scharping und die rheinland– pfälzische SPD, bei den nächsten Landtagswahlen die Mehrheiten zu ändern. Wie erklären Sie sich eigentlich die Erfolge der FDP? Die FDP hat sicher davon profitiert, daß die CDU/CSU zur Zeit ein erbärmliches Bild in der Abrüstungsdiskussion abgibt. Wer angesichts der historischen Chance, die zur Zeit in dieser Frage existiert, von neuen Aufrüstungsnotwendigkeiten redet, verliert das Vertrauen der Wählerinnen und Wähler. Interview: Felix Kurz